Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerb. Irreführung. Behinderung. Taxi. Mietwagen

 

Leitsatz (amtlich)

Die in einem Telefonverzeichnis unter dem Buchstaben "T" veröffentlichte Anzeige eines Mietwagenunternehmens beinhaltet weder eine unlautere Behinderung von Taxiunternehmen noch eine Irreführung des Verkehrs; dies gilt jedenfalls, wenn in der Anzeige deutlich darauf hingewiesen wird, dass kein Taxen-, sondern Mietwagenverkehr angeboten wird.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 10, § 5

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Entscheidung vom 09.09.2009; Aktenzeichen 5 O 20/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.11.2011; Aktenzeichen I ZR 154/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 09.09.2009 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Limburg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Beklagte, der ein Mietwagenunternehmen betreibt, warb in dem von der Streithelferin verlegten Telefonverzeichnis "Das Örtliche" für Stadt1, Stadt2 und Umgebung, Ausgabe 2008/2009, in den Abschnitten für Stadt1 und Stadt2 jeweils mit einer direkt unter dem Buchstaben "T" platzierten und mit "Mietwagen ..." überschriebenen Werbeanzeige wie aus der Anlage zur Klageschrift (Bl. 25 f. d.A.) ersichtlich.

Der Kläger ist Inhaber eines Taxiunternehmens in Stadt1. Er hält die Werbung des Beklagten für unlauteren Kundenfang, da Verbraucher, die sich anschickten, fernmündlich ein Taxi zu bestellen, gezielt abgefangen würden. Außerdem wirft der Kläger dem Beklagten eine Irreführung des Verkehrs und einen Verstoß gegen § 49 IV 5 PBefG vor, da die Werbung zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr führen könne. Schließlich sei die Werbeanzeige in dem Abschnitt für Stadt1 auch deshalb zu beanstanden, weil das Unternehmen des Beklagten in Stadt2 ansässig ist und bei Aufträgen aus Stadt1 unter Berücksichtigung des für Mietwagen geltenden Rückkehrgebots (§ 49 IV 3 PBefG) eine entsprechend längere Anfahrt anfalle.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 115 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Telefonbuch "Das Örtliche" von Stadt1 und von Stadt2 Einträge bzw. Werbung unter dem Buchstaben T vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Weiter hat es den Beklagten zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 775,64 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Gegen dieses Urteil wenden sich der Beklagte und die Streithelferin mit der Berufung. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Beklagte und die Streithelferin beantragen,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen sowie die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. II. Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die angegriffene Werbung ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

Ein unlauteres Abfangen von Kunden liegt nicht vor.

Das Ausspannen und Abfangen von Kunden ist allein dann wettbewerbswidrig, wenn auf Kunden, die bereits dem Mitbewerber "zuzurechnen" sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten. Eine unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt insbesondere dann vor, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses aufzudrängen, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen. Dementsprechend sind Maßnahmen, die dem Anlocken von Kunden dienen, nicht schon deshalb als unlauter anzusehen, weil sie sich auf den Absatz des Mitbewerbers nachteilig auswirken können, sondern erst dann, wenn sie auf die Verdrängung des Mitbewerbers abzielen oder den Kunden unzumutbar belästigen oder unangemessen unsachlich beeinflussen (vgl. BGH, GRUR 2009, 416, Tz. 16 - Küchentiefstpreis-Garantie m.w.N.; Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 4 Rn 10.25).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Eine unzumutbare Belästigung (vgl. § 7 UWG) oder unangemessene unsachliche Beeinflussung (vgl. § 4 Nr. 1 UWG) der Verbraucher liegt ersichtlich nicht vor und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Auch eine auf die Verdrängung von Mitbewerbern abzielende geschäftliche Handlung (§ 4 Nr. 10 UWG) ist zu...

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