Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch

 

Normenkette

BGB § 428 S. 1, § 1061 S. 1, § 1482 S. 2, § 2329

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 28.02.1997; Aktenzeichen 1 O 81/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 28. Februar 1997 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte zu 1) verurteilt, an den Kläger DM 19.036,70 nebst 4 % Zinsen seit 9. März 1996 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Anschlußberufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz – mit Ausnahme die der Beklagten zu 2) – haben der Kläger 80 % und die Beklagte zu 1) 20 % zu tragen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) in beiden Instanzen zu tragen.

Von den sonstigen Kosten der zweiten Instanz haben der Kläger 73 % und die Beklagte zu 1) 27 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer des Klägers beträgt DM 52.264,48; die Beschwer der Beklagten zu 1) beträgt DM 19.036,70.

 

Gründe

Der Kläger berühmt sich gegenüber seiner Mutter, der Beklagten zu 1), Alleinerbin nach seinem am … verstorbenen Vater, eines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruches. Zugleich nimmt der seine Schwester, die Beklagte zu 2), in Anspruch, weil sie vom Erblasser eine ihn beeinträchtigende Schenkung erhalten habe.

Der Erblasser lebt mit der Beklagten zu 1) in Gütergemeinschaft. Sie waren Eigentümer in Gütergemeinschaft eines in … gelegenen Anwesens, welches sie mit am 15.03.1990 notariell beurkundetem Vertrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, auf die Beklagte zu 2) übertrugen. Die Übergabe erfolgte gegen Gewährung von Nießbrauchs- und Altenteilrechten. Die Übergeber behielten sich gemäß Ziffer VII. als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB den lebenslangen Nießbrauch an dem übergebenen Grundstück vor. Zu ihren Gunsten als Gesamtberechtigte wurde ein lebenslanges Auszugsrecht bestellt, bestehend aus einem dinglichen Wohnrecht sowie einem Recht auf Wartung und Pflege in alten und kranken Tagen. Die Beklagte zu 2) verpflichtete sich, ihre Eltern bei Bedarf im Haus zu pflegen und zu betreuen oder pflegen und betreuen zu lassen, sie mit Leib-, Bett- und Tischwäsche und sie mit den Diätbedürfnissen gerecht werdender Kost sowie mit allen erforderlichen Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln jeder Art zu versorgen und die Kosten für ärztliche Behandlung und Versorgung auch über die Leistungen der vorhandenen Krankenversicherung hinaus zu übernehmen sowie ihre Eltern im allgemeinen Daseinsverkehr zu begleiten. Den Jahreswert des Auszugsrechts gaben die Urkundsbeteiligten mit DM 9.000,– an.

Nach dem Erbfall erstattete im Auftrage beider Beklagten der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige … ein Wertermittlungsgutachten betreffend das übergebene Grundstück. Unter dem 17.11.1995 erstellte die Beklagte zu 1) eine Vermögensübersicht zum 16.12.1994.

Der Kläger, der die Rechtsauffassung vertritt, daß der Nießbrauch am Grundbesitz noch zum Gesamtgut gehöre, weshalb er schon bei der Ermittelung des Pflichtteilsanspruchs zu berücksichtigen sei, hat die Richtigkeit der Wertansätze der Beklagten zu 1) und die des Privatgutachters bestritten.

Die Beklagten, die von einem Nettonachlaßwert von nur DM 32.820,– ausgegangen sind und die Rechtsauffassung vertreten haben, das vorbehaltene Nießbrauchsrecht stelle sich in rechtlicher Hinsicht nur als eine gemeinschaftliche Verwaltungsmaßnahme dar, weshalb es erbrechtlich nicht zu berücksichtigen sei, haben die klägerische Forderung in Höhe von DM 6.153,75 anerkannt, den Betrag bezahlt und im übrigen um Klageabweisung nachgesucht.

Das Landgericht hat über den Wert der Liegenschaft Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlich erstatteten Sachverständigengutachtens. Zum Gutachter hat das Landgericht … bestellt.

Mit am 28. Februar 1997 verkündetem Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte zu 1) verurteilt, an den Kläger DM 16.385,59 zu zahlen. Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, dem Kläger stehe ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von DM 6.153,75 zu, wie beklagtenseits anerkannt. Entgegen Beklagtenansicht stehe dem Kläger jedoch auch noch, so hat das Landgericht weiter ausgeführt, ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von DM 16.385,59 wegen der Grundstücksübereignung zu.

Gegen das vorbezeichnete Urteil hat der Kläger form- und fristwahrend Berufung eingelegt mit dem Ziel, daß die Beklagte zu 1) an ihn insgesamt – unter Einbeziehung der bereits bezahlten DM 6.153,75 – DM 57.591,78 nebst Zinsen zu zahlen habe und festzustellen, daß die Beklagte zu 2) für seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von DM 34.755,56 subsidiär anteilig mit dem ihr übergebenen Grundstück hafte.

Die Beklagten haben um Berufungszurückweisung nachgesucht. Die Beklagte zu 1) hat ihr...

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