Leitsatz (amtlich)
Zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch unrichtige Angaben in einem Verkaufsprospekt zum Aktienerwerb.
Normenkette
BGB §§ 31, 826; BörsG § 73 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.03.2004; Aktenzeichen 3/16 O 30/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.3.2004 verkündete Urteil der 16. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.526,75 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Beklagte ist ein Unternehmen aus dem Bereich neue Technologien. Anlässlich ihres Börsenganges im November 1999 legte sie einen am 26.11.1999 publizierten Verkaufsprospekt/Unternehmensbericht vor, mit dem sie zum Handel ihrer Aktien in dem damaligen Börsensegment des neuen Marktes nach dem Regelwerk der A. AG zugelassen worden war.
Die im Finanzteil des Verkaufsprospektes und Unternehmensberichtes ausgewiesenen Umsätze seit 1998 beruhten überwiegend auf vorgetäuschten Umsätzen, weil der frühere Vorstandsvorsitzende und Großaktionär C. die zugrunde liegenden Umsätze insoweit frei erfunden hatte.
Der Kläger erwarb in der Zeit zwischen 16.2.2000 und 3.3. 2000 insgesamt 5.771 Aktien der Beklagten zu insgesamt 1.272.563,20 EUR, die er zwischen 24.2.2000 und 6.03 2000 mit einem Gesamtverlust von 24.526,75 EUR wieder veräußerte.
Auch nach dem Börsengang wurden in von dem früheren Vorstand der Beklagten veranlassten Ad-hoc-Mitteilungen falsche Umsatzzahlen verbreitet. Durch eine Sonderprüfung nach dem 20.2.2002 stellte sich heraus, dass 98,6 % des Umsatzes in 2001 i.H.v. 93,6 Mio EUR über Luftbuchungen und auch schon im Börsenprospekt diese behauptete Geschäftsbeziehung falsch dargestellt worden war.
C. wurde mittlerweile rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz auch aus § 826 BGB u.a. mit der Begründung in Anspruch, bei wahrheitsgemäßen Angaben im Prospekt hätte die Beklagte die Börsenzulassung nicht erhalten, und hat behauptet, sich zu jedem Zeitpunkt des Engagements darüber informiert zu haben, welche Zahlen die Beklagte als Quartalszahlen und Jahresabschlusszahlen vermeldet habe und nur im Vertrauen auf die dargestellten Zahlen und die falsch dargestellte geschäftliche Entwicklung gekauft zu haben.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.526,75 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat Verjährung geltend gemacht, eine ihr zurechenbare vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers auf Grund unrichtiger Unternehmensmitteilungen und den Schädigungsvorsatz des Herrn C. in Abrede gestellt, bestritten, dass der Kläger jemals den Verkaufsprospekt besessen und von dessen Inhalt Kenntnis erlangt habe, die Kausalität unternehmensbezogener Mitteilungen oder Informationen für den Kaufentschluss in Abrede gestellt, die Kausalität zwischen falscher Unternehmensmitteilung und Kursverlust bestritten, geltend gemacht, die Schadensberechnung verstoße gegen die Grundsätze der hypothetischen Kausalität und den Schutzzweck der Norm, ein Mitverschulden des Klägers eingewandt und gemeint, etwaige Schadensersatzansprüche seien ausgeschlossen, weil sie nur durch Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Gesellschafter erfüllt werden könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 153 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Viel spreche dafür, dass der Kläger, der nicht dem typischen Bild eines geschädigten Aktionärs entspreche, nicht durch falsche Prospektangaben oder Ad-hoc-Mitteilungen zum Kauf veranlasst worden sei, was aber offen bleiben könne.
Denn Ansprüche seien weder auf Grund der börsenrechtlichen Prospekthaftung (§ 44 BörsG) noch unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung begründet. Die Handlungen des ehemaligen Vorstandes seien der Beklagten nicht über § 31 BGB zurechenbar, ein Ersatzanspruch sei auch wegen des Verbotes der Einlagenrückgewähr gem. § 57 AktG ausgeschlossen.
Gegen diese Beurteilung wendet sich der Kläger, mit der er den Zahlungsanspruch voll umfänglich weiter verfolgt. Er rügt insb. die Verletzung materiellen Rechts, soweit ein Anspruch aus § 826 BGB verneint worden ist, und macht geltend, jeder Kauforder habe eine fundamentale...