Leitsatz (amtlich)
1. Zum Regelungsbereich des § 3 BetrAVG.
2. Zum Begriff des "Tatsachenvergleichs" über Versorgungsansprüche.
Normenkette
BetrAVG § 3; TVG § 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.09.2006; Aktenzeichen 2-25 O 501/05) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 1.9.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger, einem ehemaligen Vorstandsmitglied der Beklagten, zustehenden betrieblichen Altersversorgung.
Wegen des Sachverhalts wird zunächst gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 170-172 d.A.) Bezug genommen.
Er wird wie folgt ergänzt:
In der Vereinbarung vom 13.12.1989 war hinsichtlich der Altersrente eine Staffelung vorgesehen, die am 1.1.1989 mit 20 % des anrechenbaren Gehalts beginnen und sich dann kontinuierlich auf 50 % des anrechenbaren Gehalts ab 1.1.1998 steigern sollte. Demgegenüber sah die Vereinbarung, die einen Tag später geschlossen wurde, lediglich 20 % des anrechenbaren Gehalts als Altersrente vor.
Ziff. 11 des zum 30.6.1998 wirksamen Aufhebungsvertrags (Bl. 15-17 d.A.) enthält die Klarstellung, dass zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestünde, dass die Altersrente gem. Ziff. 1.1.2 des geltenden Pensionsvertrags vom 13.12.1989 aktuell 50 % des indexierten Gehalts, Stand 1.1.1989, betrage. Die Beklagte hat diese Erklärung mit Schreiben vom 1.6.2005 und 1.2.2006 angefochten, zuletzt wegen angeblicher arglistiger Täuschung.
Nachdem am 29.6.2005 der Versorgungsfall eintrat, entstand zwischen den Parteien ein Streit über die Höhe der Altersrente.
Am 7./12.9.2005 schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem eine betriebliche Altersversorgung i.H.v. 35 % des anrechenbaren Gehalts vereinbart wurde. Diesbezüglich hat der Kläger die Auffassung vertreten, der Vergleich sei wegen Verstoßes gegen § 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) nach § 134 BGB nichtig. Als Folge davon stünde ihm eine Altersversorgung auf der Grundlage des Vertrags vom 13.12.1989 zu. Die Versorgungszusage vom 14.12.1989 sei nur zum Schein geschlossen worden, um den zu passivierenden Aufwand der Beklagten zu verringern.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Vereinbarung vom 7./12.9.2005 sei rechtsgültig. Ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 3 BetrAVG läge nicht vor. Die Parteien hätten sich in dem Vergleich nicht in unzulässiger Weise über Rechtsfolgen, sondern über die tatsächlichen Voraussetzungen der Versorgungszusage des Klägers geeinigt. Streit habe zwischen den Parteien über die innere Tatsache bestanden, ob die Erklärung vom 14.12.1989 nur zum Schein oder im Ernst mit Rechtsbindungswillen abgegeben worden sei. Diesen Streit hätten die Parteien beenden wollen, wie die Präambel zu dem Vergleich zeige. Damit handele es sich um einen Tatsachenvergleich, der nicht den gesetzlichen Beschränkungen des § 3 BetrAVG widerspreche.
Die Beklagte handele mit der Berufung auf die Vereinbarung vom 14.12.1989 auch nicht treuwidrig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 172-174 d.A.) verwiesen.
Gegen das ihm am 6.9.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 6.10.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die in diesem Schriftsatz zugleich begründet worden ist.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, unter Erweiterung des Zahlungsantrags sein Klagebegehren weiter.
Er wiederholt seinen bereits in erster Instanz gehaltenen Vortrag und vertritt weiterhin die Auffassung, aufgrund der Vereinbarung vom 13.12.1989 einen Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung i.H.v. 50 % des anrechenbaren Gehalts zu haben. Diese Zusage sei durch die Vereinbarung vom 14.12.1989 nicht abgelöst worden. Mithin habe er im Rahmen der Vereinbarung vom 7./12.9.2005 ersatzlos auf Rechte aus einer betrieblichen Altersversorgungszusage verzichtet. Einen solchen Verzicht verbiete § 3 BetrAVG. Dabei verkürze das LG den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Streits, der durch den Abschluss der Vereinbarung habe beigelegt werden sollen. Die Parteien hätten nicht lediglich um die Frage gestritten, ob es sich bei der Vereinbarung vom 14.12.1989 um ein Scheingeschäft gehandelt habe; vielmehr sei es um die Frage der wirksamen Erteilung und wirksamen Ablösung einer Zusage von Leistungen und damit im Wesentlichen um rechtliche Fragen gegangen. Diese seien einer wirksamen Vereinbarung aber nicht zugänglich. Der Vergleich st...