Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung durch falsche Angaben zu den "Gesundheitsfragen"
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.09.2003; Aktenzeichen 2/18 O 10/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 10.9.2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 4.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer des Klägers beträgt 81.295,11 Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1958 geborene Kläger, der seit 1992 eine eigene physiotherapeutische Praxis betreibt, verlangt die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente aus einer bei der Beklagten 1999 abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung. Zuvor, nämlich im Frühjahr 1998, hatte der Kläger bereits bei der A. Versicherung eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Im vorliegenden Versicherungsantrag vom 15.10.1999 an die Beklagte, den der Kläger mit Hilfe des Versicherungsmaklers Z. erstellt hat, sind sämtliche "Gesundheitsfragen" verneint, auch die Frage nach einem auskunftsbereiten Arzt (Bl. 118 d.A.). Vor der Antragstellung war der Kläger unstreitig in psychotherapeutischer Behandlung wegen neurotischer Depressionen, wegen Niereninsuffizienz und Urethritis sowie wegen akuter Lumboischialgie. Am ...2.2000 erlitt der Kläger einen Kleinhirninfarkt (Bl. 87 d.A.) und meldete in der Folgezeit den Anspruch auf Leistungen aus der streitgegenständlichen Berufsunfähigkeitsversicherung an. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 29.5.2000 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und focht diesen zusätzlich wegen arglistiger Täuschung an mit der Begründung, der Kläger habe im Versicherungsantrag bewusst gefahrerhebliche Vorerkrankungen verschwiegen (Bl. 15 d.A.).
Im Übrigen wird wegen des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie wegen der erstinstanzlichen Anträge auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 184 ff. d.A.).
Das LG hat die Klage durch Urteil vom 10.9.2003 abgewiesen; es hat ausgeführt, die Beklagte habe den Versicherungsvertrag zu Recht wegen arglistiger Täuschung angefochten. Der Kläger habe bei der Beantragung der Versicherung ggü. dem Versicherungsmakler Z. und ggü. der Beklagten wesentliche mitteilungspflichtige Behandlungen bewusst verschwiegen. Er habe auch arglistig gehandelt, da die verschwiegenen Angaben offenkundig von erheblicher Bedeutung für die Antragsprüfung der Beklagten gewesen seien. Denn die berufliche Tätigkeit des Klägers umfasse auch das Heben und Tragen von Lasten bis zu 60 kg, so dass insb. die Rückenbeschwerden aus der Sicht des Klägers relevant gewesen seien. Die Umstände des früheren Vertragsschlusses mit der A. Versicherung seien vorliegend unerheblich, zumal die Rückenbeschwerden erst danach aufgetreten seien. Ein eventuelles Fehlverhalten des Versicherungsmaklers Z. sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Auch eine Unterschriftsleistung im Sinne einer Erklärung "ins Blaue" entlastet den Kläger nicht.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang aufrecht erhält. Er wendet ein, er habe seine in einer "Drucksituation" erfolgte Unterschrift unter den vom Versicherungsmakler ausgefüllten und vorbereiteten Versicherungsantrag allenfalls nachlässig geleistet bzw. in Verkennung der Bedeutung der früheren Behandlungen, habe aber nicht arglistig gehandelt. Es fehle an den dafür erforderlichen subjektiven Voraussetzungen. Bei der Beantragung des Vertrages mit der A. Versicherung Anfang 1998 habe er ausführlich seine gesundheitliche Situation dargelegt, die der damalige Versicherungsmakler - nicht Herr Z. - als nicht mitteilungspflichtig angesehen habe. Daher sei der Kläger auch bei dem vorliegenden Antrag gutgläubig davon ausgegangen, dass die Vorerkrankungen nur von leichter Art und irrelevant seien. Außerdem sei er durch den Vertrag mit der A. Versicherung bereits gegen Berufsunfähigkeit abgesichert gewesen, so dass er gar kein Interesse an einem weiteren diesbezüglichen Versicherungsvertrag gehabt habe; lediglich im Rahmen der Umgestaltung seiner Hausfinanzierung habe ihm der Versicherungsmakler geraten, die Versicherung zu wechseln. In diesem Gespräch sei es auch nicht um die Klärung von Versicherungsfragen, sondern um Finanzierungsfragen gegangen. Im Übrigen stehe der im Februar 2000 aufgetretene Kleinhirninfarkt in keinerlei Zusammenhang mit den Vorerkrankungen des Klägers. Zudem könne von einem "Rückenleiden" keine Rede sein. Es handele sich dabei nur um eine angeborene Besonderheit sowie um ein banales Problem. Er habe geglaubt, diese Bagatellerkrankung nicht anzeigen zu müssen. Er habe auch nicht den Antrag im Sinn einer Erklärung "ins Blaue hinein" unterzeichnet. Er habe vielme...