Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung des Rechts auf Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.05.2021; Aktenzeichen 2-28 O 45/21)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.05.2021, Aktenzeichen 2-28 O 45/21, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz festgesetzt auf EUR 18.013,32.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit und die Folgen des Widerrufs des auf den Abschluss einer unter Vorgangsnummer ... abgeschlossenen Verbraucherdarlehens vom 10.03.2017 zur (Teil-) Finanzierung des Gebrauchtwagens (Vorführwagens) Marke1 Typ1, FIN ..., Erstzulassung 26.09.2016, den der Kläger mit einem Kilometerstand von 15km bei der Marke1 Center GmbH, NL Stadt1, zu einem Fahrzeugpreis in Höhe von EUR 17.890,00 erworben hatte. Das streitgegenständliche Fahrzeug wird mit Diesel betrieben.

Unter Berücksichtigung einer Anzahlung/Inzahlungnahme in Höhe von EUR 9.000,00 finanzierte der Kläger einen Restkaufpreis in Höhe von EUR 8.890,00 zu einem effektiven Jahreszins in Höhe von 0,90%. Der Gesamtbetrag in Höhe von EUR 9.013,32 war vertragsgemäß in 36 Raten zu EUR 250,37, jeweils zum 1. eines jeden Kalendermonats, zu entrichten, wobei wegen der weiteren Einzelheiten auf die Ablichtung der Vertragsdokumentation einschließlich der maßgeblichen Allgemeinen Bedingungen Kreditvertrag (Anlagensonderband, Anlage K1) verwiesen wird.

Der Darlehensvertrag wurde bedingungsgemäß bedient. Die Rückzahlung des Kredits war am 08.04.2020 abgeschlossen. Nach Entrichtung der letzten Darlehensrate gab die Beklagte das Sicherungseigentum an dem finanzierten Fahrzeug frei.

Am 16.04.2020 kam es zu einer Rückrufaktion im Zusammenhang mit der sog. "Diesel-Abgasproblematik" im weiteren Sinne, von der auch das streitgegenständliche Fahrzeug betroffen ist. Die in Abstimmung mit dem KBA angeordnete Rückrufmaßnahme sieht die Implementation eines Software-Updates vor, durch das sichergestellt werden soll, dass die Konzentration einer unerwünschten Schwefelablagerung im Katalysator auch in besonderen Fahrbedingungen frühzeitig in Grenzen hält.

Mit Anwaltsschreiben vom 09.06.2020, auf dessen Ablichtung (Anlage K2, Anlagensonderband) wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, widerrief der Kläger das verfahrensgegenständlichen Verbraucherdarlehen.

Die Beklagte trat dem Widerruf außergerichtlich entgegen mit Schreiben vom 16.06.2020.

In der Folge forderte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 02.07.2020 die Marke1 Deutschland Niederlassung der Marke1 Motor Europe Ltd. vor dem Hintergrund der Abgas-Problematik zur Rückabwicklung des Kaufvertrages im Wege des großen Schadensersatzes auf. Diese deliktischen Ansprüche verfolgt der Kläger in einem gesonderten Rechtsstreit, der vor dem Landgericht Düsseldorf geführt wird, weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.05.2021, Aktenzeichen 2-28 O 45/21, (Bl. 154 - 162 d. A.), durch das die Klage vollumfänglich abgewiesen worden ist, weil der Widerruf nicht fristgemäß erklärt worden sei, weshalb sich der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung sei zutreffend, weshalb die Widerrufsfrist bereits im Jahr 2017 verstrichen gewesen sei.

Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung habe inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben entsprochen, wobei der Verweis auf die Pflichtangaben gem. § 492 Abs. 2 BGB nicht zu beanstanden sei und die streitgegenständliche Formulierung gemessen an der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach den Maßstäben des nationalen Rechts klar und verständlich sei. Angesichts der gesetzlichen Definition der Pflichtangaben sei es nicht verwirrend, dass der Regelungsgehalt des § 492 Abs. 2 BGB anhand von Beispielen erläutert werde. Darüber hinaus stehe das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.03.2020, C-66/19, der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion nicht entgegen. Die Verpflichtung zur unionskonformen Auslegung dürfe nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zur Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen.

Auch hinsichtlich der Information über die Widerrufsfolgen sei die Widerrufsinformation nicht fehlerhaft bzw. verwirrend. Die Angaben zu den Widerrufsfolgen stünden im Einklang mit der Musterinformation und seien zudem hinreichend deutlich, obwohl ei...

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