Leitsatz (amtlich)
1. § 4 ARB 94 begrenzt das versicherte Risiko der Rechtsschutzversicherung auf Rechtsschutzfälle, die innerhalb der Versicherungszeit entstanden sind. Mit der Regelung sollen Versicherungsfälle außerhalb des vereinbarten Schutzzeitraums sowie "vorprogrammierte Rechtsschutzfälle" ausgeschlossen werden.
2. Bei der zeitlichen Einordnung des Rechtsverstoßes kommt es aus Gründen der Klarheit und Praktikabilität allein auf dessen objektiven Eintritt an; die Kenntnis der Beteiligten hiervon ist nicht maßgeblich.
3. Für diesen weiteren Ausschluss nach § 3 Abs. 1d) dd) ARB 94 ist auf Grund der ggü. den ARB 75 neu gefassten Baufinanzierungsklausel nicht mehr allein das Baurisiko maßgeblich, sondern diese Klausel ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar selbständig neben die die Grundstückserwerbs- und Baumaßnahmen im eigentlichen Sinn erfassenden Ausschlüsse unter § 3 Abs. 1 aa) bis cc) ARB 94 getreten und hat den Ausschlussbereich auf damit zusammenhängende Finanzierungsangelegenheiten ausdrücklich ausgedehnt.
Normenkette
ARB94 §§ 3-4
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 10 O 301/05) |
Nachgehend
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr seit 17.2.1999 bestehenden Rechtschutzversicherung auf Deckungsschutz in Anspruch, und zwar wegen eines vor dem LG Chemnitz geführten Rechtsstreits betreffend die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages für den Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds im Wert von (zur Zeit des Erwerbs) 2.000.000 DM. In dem Rechtsstreit (vgl. Klageschrift Bl. 52 ff. d.A.) wird um die Berechtigung des vom Kläger mit Schreiben vom 29.7.2004 erklärten Widerrufs des im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb abgeschlossenen Darlehensvertrags bei der A-Bank, O1 i.H.v. 2.222.222 DM gestritten. Durch Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 4.8.2004 wurde der Widerruf mit der von der A-Bank unterlassenen Widerrufsbelehrung begründet, da ein verbundenes Geschäft mit dem Beitritt zum Immobilienfonds sowie eine Haustürsituation vorgelegen habe. Die A-Bank, O1 hat die Berechtigung zum Widerruf bestritten, weil eine Haustürsituation nicht vorgelegen habe und überdies eine notarielle Beurkundung der Willenserklärung stattgefunden habe.
Die Beklagte hat die Deckung für diesen Rechtsstreit mit Schreiben vom 26.10.2004 zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass der Versicherungsfall seine Ursache in den Darlehensverträgen vom 29.12.1993 habe und deshalb kein Versicherungsschutz für den vor Vertragsbeginn liegenden Rechtsverstoß bestehe. Mit weiterem Schreiben vom 2.12.2004 hat die Beklagte zur Begründung der Ablehnung zusätzlich auf den Risikoausschluss nach § 3 Abs. 1d) dd) ARB 94 betreffend die Finanzierung von Bauvorhaben verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, in der Zurückverweisung des Widerspruchs durch die A-Bank liege ein Rechtsverstoß, der einen selbständigen Versicherungsfall begründe. In der unterlassenen Widerrufsbelehrung könne dagegen kein Verstoß gegen Rechtsvorschriften (§ 4 Abs. 1c) ARB 94) gesehen werden, weil es keine Rechtspflicht zu einer Widerrufsbelehrung gebe. Ein solcher Verstoß liege auch länger als ein Jahr vor Vertragsbeginn, so dass er nach § 4 Abs. 2 ARB 94 außer Betracht zu bleiben habe. Der Risikoausschluss zur Baufinanzierung greife vorliegend nicht ein, weil der Kläger durch den Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds lediglich eine Kapitaleinlage getätigt habe und es sich nicht um ein Bauvorhaben handle. Diese Anlage sei mit dem Erwerb von Anteilen einer Eigentumswohnung nicht vergleichbar.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Keim des Rechtsstreits sei bereits mit Abschluss des Darlehensvertrages gelegt worden. Durch den Abschluss des Vertrages sei ein späterer Verstoß i.S.v. § 4 Abs. 3a) ARB 94 ausgelöst worden, weshalb kein Rechtsschutz bestehe. Der Versicherungsfall sei vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten. Jedenfalls greife der Risikoausschluss der Baufinanzierungsklausel, nachdem der BGH die neu gefasste Klausel in den ARB 94 als ausreichend klar formuliert angesehen habe.
Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage durch Urteil vom 15.2.2006 abgewiesen. Es hat zur Begründung zunächst ausgeführt, unabhängig von der Bewertung, ob in der Zurückweisung des Widerrufs des Klägers durch die A-Bank ein Rechtsverstoß liege, komme diesem keine selbständige Bedeutung ggü. der früheren unterlassenen Widerrufsbelehrung in dem Darlehensvertrag vom 29.12.1993 zu. Diese Unterlassung stelle einen Rechtsverstoß i.S.v. § 4 Abs. 1c) ARB 94 dar. Hierfür genüge jegliche objektive Zuwiderhandlung gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Durch die unterlassene Belehrung sei der spätere mögliche Rechtsverstoß bereits ausgelöst worden, so dass auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3a) ARB 94 vorlägen. Die länger als e...