Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung der Haftungsbeschränkungen des Montrealer Übereinkommens gegenüber außervertraglichen Ansprüchen des Frachtguteigentümers
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Luftfrachtführer kann gemäß Art. 29 MÜ grundsätzlich auch gegenüber außervertraglichen Ansprüchen des Eigentümers des Frachtgutes, der nicht Partei des Luftfrachtvertrags ist, die Haftungsbeschränkungen des Montrealer Übereinkommens geltend machen, wenn dieser Einsatz für einen in den Obhutszeitraum des Montrealer Übereinkommens fallenden Güterschaden begehrt.
2. Die Einlagerung des Frachtgutes in einem Warenlager des Luftfrachtführers außerhalb des Flughafens fällt nur dann in den Haftungszeitraum des Art. 18 Abs. 1, 3 MÜ, wenn sie verkehrs- bzw. transportbedingt ist.
Normenkette
MÜ Art. 18, 22, 29, 35
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 31.05.2016; Aktenzeichen 10 O 153/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.05.2016 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Darmstadt wird - unter gleichzeitiger Abweisung der darüber hinausgehenden Zinsforderung - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte im Hinblick auf den Betrag von 10.078,15 EUR anstelle der dort ausgewiesenen Zinsen lediglich zur Zahlung von Zinsen vom 26.02.2013 bis zum 19.06.2013 in Höhe von 4 % p.a. und ab dem 20.06.2013 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. verurteilt wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 10.078,15 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, ein in der Einrichtungsbranche tätiges Unternehmen mit Sitz in Berlin, nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen des Verlusts von Frachtgut in Anspruch.
Anfang März 2010 rief eine Person, die sich als A ausgab, bei der Klägerin an und bestellte verschiedene Möbel. Streitgegenständlich sind dabei die Möbel, die Gegenstand der Rechnungen vom 28.10.2010 in Höhe von 6.320,00 EUR (Anlage K 1, Bl. 10 f. d. A.) und vom 05.05.2010 in Höhe von 5.673,00 EUR (Anlage K 2, Bl. 15 f. d. A.) sind. Die Zahlung sollte mittels Kreditkarte erfolgen. Die angegebenen Kreditkarten wurden zunächst von dem Kreditkartenunternehmen akzeptiert.
Die Person, die sich A nannte, bzw. eine weitere Person, die sich B nannte, beauftragte sodann die Beklagte mit dem Transport der Möbel von Berlin nach London per Luftfracht. Auf die Luftfrachtbriefe (Bl. 13, 17 d. A.) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.06.2010 (Bl. 28 d. A.) reklamierte das Kreditkartenunternehmen die Belastungen der Kreditkarten, weil diese nicht gedeckt seien. Am 21.10.2010 erstattete die Klägerin beim LKA Berlin Strafanzeige wegen betrügerischen Verhaltens des Kreditkarteninhabers.
Auf Nachfrage teilte die Beklagte der Klägerin im November 2010 mit, dass sich die streitgegenständlichen Möbel im Lager der Beklagten in Stadt1, Tennessee, USA befänden. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2011 (Anlage K 5, Bl. 30 d. A.) zur Herausgabe der Möbel auf. Mit Schreiben vom 14.03.2011 (Anlage K 9, Bl. 36 d. A.) verwies die Beklagte auf ihr Frachtführerpfandrecht und forderte zunächst Zahlung der Fracht.
Auf eine erneute Aufforderung zur Herausgabe der streitgegenständlichen Möbel teilte die Beklagte in einem Telefonat am 25.02.2013 mit, dass diese mittlerweile nicht mehr auffindbar seien. Mit Schreiben vom 19.06.2013 (Anlage K 12, Bl. 44 d. A.) verwies die Beklagte die Klägerin auf den Rechtsweg.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, ihr den durch den Verlust der Möbel entstandenen Schaden in Höhe des Nettoverkaufspreises zu ersetzen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.078,15 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.02.2011 sowie 805,20 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tag der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie rügt die Zuständigkeit des Landgerichts Darmstadt. Außerdem erhebt sie die Einrede der Verjährung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 257 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit am 31.05.2016 verkündetem Urteil, der Beklagten zugestellt am 26.07.2016, hat das Landgericht der Klage überwiegend stattgegeben. Zur Begründung führt es aus, eine Zu...