Entscheidungsstichwort (Thema)
Totenfürsorge
Leitsatz (redaktionell)
Zur Bestimmung des Bestattungsortes.
Normenkette
BGB §§ 249, 823, 1004
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.02.1988; Aktenzeichen 2/10 O 472/87) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 10. Zivilkammer – vom 19.2.1988 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zustimmung zur Umbettung der am 23.9.1986 verstorbenen … in Anspruch. Die Klägerin ist die Schwester der Verstorbenen; die Beklagte ist die von der Verstorbenen testamentarisch eingesetzte Erbin.
Die Verstorbene hatte in einem Zusatztestament vom 22.8.1986 angeordnet, daß sie und ihr Ehemann auf dem Friedhof in Frankfurt am Main – Bonames bestattet werden sollen. Sie und ihr Ehemann hatten bereits am 21.6.1979 mit der Stadt Frankfurt am Main einen Bestattungsvorsorgevertrag für eine Bestattung auf dem Friedhof Bonames mit einer Belegzeit der Grabstätte von 40 Jahren geschlossen.
Die Klägerin will die sterblichen Überreste ihrer Schwester sowie des kurz zuvor verstorbenen Ehemannes der Schwester auf das im Hauptfriedhof Frankfurt am Main gelegene Familiengrab überführen. Die Beklagte verweigert die Zustimmung zur Umbettung.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe als leibliche Schwester der Verstorbenen das Recht der Totenfürsorge zu. Aufgrund besonderer Umstände sei sie zur Umbettung berechtigt. Zwischen ihr und ihrer Schwester … habe ein ungewöhnlich ausgeprägtes familiäres Zusammengehörigkeitsgefühl bestanden, auf das erst kurz vor dem Tod der Schwester ein Schatten gefallen sei, als sich deren Persönlichkeit durch Depressionen verändert habe. Da sie krankheitsbedingt in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sei, sei sie auf Dauer nicht in der Lage, den weiten Weg zum Bonameser Friedhof zurückzulegen. Sie könne lediglich den in unmittelbarer Nähe zu ihrer Wohnung liegenden Hauptfriedhof ohne besondere Mühe erreichen. Auf diesem Hintergrund sei es eine unzumutbare Härte, wenn sie nicht mehr, wie bisher, das Grab der Schwester wöchentlich aufsuchen könne.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, in die Überführung des Leichnams der am 23.9.1986 verstorbenen Frau … vom Friedhof Bonames, Gewann B. Nr. … auf den Hauptfriedhof, Gartengrab Gewann … Platz einzuwilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, es wäre eine grobe Mißachtung des Willens der Verstorbenen, wenn dem Klagebegehren stattgegeben würde.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, für das Klagebegehren sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Das Begehren der Klägerin sei im übrigen auch nicht nachvollziehbar, da sie den Friedhof in Bonames viel schneller und bequemer mit der U-Bahn erreichen könne als den Hauptfriedhof.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.
Sie wiederholt ihren Vortrag, daß besondere Umstände eine Umbettung rechtfertigten. Zwischen ihr und ihrer Schwester habe ein besonders enges Verhältnis bestanden, das es verständlich mache, wenn die Klägerin die Zusammenführung im Familiengrab wünsche.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist insbesondere auf den Inhalt des Zusatztestaments.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, soweit sie vorgetragen wurden, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht ab gewiesen.
Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine privatrechtliche Streitigkeit, zu deren Entscheidung die ordentlichen Gerichte berufen sind (§ 13 GKG; vgl. … KG FamRZ 1969, 415). Die Klägerin hat auch ein Rechtsschutzinteresse an dem Klagebegehren. Denn die Stadt Frankfurt am Main macht eine Umbettung der verstorbenen … von der Zustimmung der Beklagten als der Nutzungsberechtigten an der Grabstätte abhängig.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Zwar ist die Klägerin Inhaberin des gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechts der Totenfürsorge, das die Befugnis umfaßt, die Aufbewahrung, Beerdigung und Grabpflege der verstorbenen … zu bestimmen. Dieses Recht steht nach ständiger Rechtsprechung dem Ehegatten oder jeweils nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufgrund seiner familienrechtlichen Bindungen und nicht dem Erben zu (vgl. RGZ 154, 270 ff.; BGHZ 61, 238 ff.; KG FamRZ 1969, 414; OLG Schleswig NJW RR 1987, 72). Das Gewohnheitsrecht hat in der gesetzlichen Regelung des § 2 des Gesetzes über die Feuerbestattung vom 15.5.1934 (Reichsgesetzblatt S. 380, das als Landesrecht weiter gilt), seinen Niederschlag gefunden. Das Recht der Totenfürsorge ist ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 ...