Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafte Anlageberatung: Feststellungswiderklage der beklagten Bank wegen Anrechenbarkeit etwaiger Steuervorteile des Anlegers bei Rückabwicklung einer Fondsbeteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Rückabwicklung einer Fondsbeteiligung im Rahmen des Schadensersatzes sind auf den von der Schädigerin zu erstattenden Anlagebetrag mögliche außergewöhnliche Steuervorteile, die der Anleger gezogen hat, zunächst nicht anzurechnen. Vielmehr steht der Schädigerin mit der Feststellungswiderklage ein Instrument zur Verfügung, das es ihr ermöglicht, zu einem Zeitpunkt, wenn die Versteuerung nach Rückabwicklung der Anlage stattgefunden hat, ihren Anspruch auf Auskehr dieser Vorteile geltend zu machen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 280

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.01.2011; Aktenzeichen 2-25 O 531/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.09.2014; Aktenzeichen XI ZR 215/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 27.1.2011 abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 56.500 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab 4.2.2010 zu zahlen;

2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG im Nennwert von 100.000 EUR freizustellen,

3. Die Verurteilung zu 1. und 2. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der genannten Beteiligung.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots des Beklagten auf Übertragung der genannten Beteiligung in Verzug befindet.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, gegenüber der Beklagten seine aus der genannten Beteiligung gezogenen Steuervorteile einschließlich einer etwaigen Besteuerung der Schadensersatzleistung darzulegen und nach Besteuerung der Schadensersatzleistung vorliegende Steuervorteile an die Beklagte herauszugeben.

Die weiter gehende Widerklage wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen: die Kosten der ersten Instanz die Beklagte; von den Kosten der Berufung der Kläger 8 % und die Beklagte 92 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger fordert von der beklagten Bank Schadensersatz wegen seiner Beteiligung am VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG (VIP 2).

Der Kläger beteiligte sich nach Beratungsgesprächen durch die Mitarbeiter der Beklagten mit schriftlicher Erklärung vom 2.10.2002 (Anlage K 1) am streitbefangenen Fonds VIP 2, und zwar in Höhe eines Nominalbetrages von 100.000 EUR, davon als Bareinlage 55.000 EUR zzgl. 3 % Agio auf den Zeichnungsbetrag (= 3.000 EUR), wobei in der Berufung unstreitig geworben ist, dass dem Kläger ein Teil des Agios, nämlich 1.500 EUR, erstattet wurde.

Mit der Vermittlung der Anteile war die ... AG beauftragt. Diese sollte von der Fondsgesellschaft eine Vergütung von 8,9 % des Kommanditkapitals sowie das zu erbringende Agio i.H.v. 3 % zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen erhalten (Prospekt S. 34/35, 62). Aufgrund einer gesonderten Vertriebsvereinbarung mit der ... AG (Anlage B 3 - Anlageband) kamen der Beklagten hiervon 8,25 % zugute.

Die Einnahmen aus dem Fonds blieben hinter den Erwartungen des Klägers zurück, weshalb er von der Beklagten die Rückabwicklung der Beteiligung als Schadensersatz verlangt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Weiteren wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 292 ff. d.A.) verwiesen, mit dem das LG die Klage insgesamt abgewiesen hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte hafte dem Kläger nicht auf Schadenersatz, da dieser kein zulässiges Beweismittel für seine Behauptung benannt habe, er sei falsch beraten worden.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor:

Das LG habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Entgegen der Darstellung im angefochtenen Urteil habe der Kläger den Zeugen Z1 - nachdem das LG in der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2010 auf die Notwendigkeit hingewiesen habe - zum Beweis der Richtigkeit seines Vortrags zum Beratungsgespräch im Schriftsatz vom 19.11.2010 benannt, und zwar obwohl dies gar nicht nötig gewesen wäre, weil das LG gehalten gewesen wäre, den Kläger wegen seiner Beweisnot wenigstens persönlich an...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?