Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit eines wegen einer Markenverletzung geschlossenen Unterlassungsvertrages wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
Leitsatz (amtlich)
Der uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist mit wesentlichen Grundgedanken des Vertragsstrafenrechts nicht zu vereinbaren und stellt im Regelfall eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners dar. Eine Vertragsstrafenvereinbarung, die eine entsprechende Klausel enthält, ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn nicht besondere Umstände ausnahmsweise eine Abweichung rechtfertigen.
Normenkette
BGB § 307
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen 3-10 O 82/18) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Berufung des Klägers gegen das am 20.2.2019 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung mehrerer Vertragsstrafen wegen angeblicher Markenverletzung.
Der Kläger mahnte den Beklagten wegen Verletzung seiner Marke "VENOM" ab. Der Beklagte gab unter dem 15.2.2017 eine Unterlassungserklärung ab, die der der Abmahnung beigefügten, vorformulierten Erklärung entsprach. Danach verpflichtete sich der Beklagte,
es bei Meidung einer unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung sofort fälligen Vertragsstrafe in Höhe von EUR 5.500,00 (...) zu unterlassen, die Zeichenfolge VENOM (...) für Angelsportartikel bzw. Angelköderfuttermittel oder Lockstoffe gewerblich zu benutzen.
Der Beklagte nahm die Unterlassungserklärung nach seinen Angaben am 23.2.2017 an.
Der Kläger wirft dem Beklagten vor, gegen die Unterlassungserklärung verstoßen zu haben, indem die beanstandete Zeichenverwendung zu späteren Zeitpunkten im Internet über verschiedene Portale noch abrufbar war. Er ist der Ansicht, es lägen drei selbstständige Verstöße vor und fordert drei Vertragsstrafen.
Der Beklagte hält die Rechtsverfolgung für rechtsmissbräuchlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Vertragsstrafenvereinbarung der Parteien sei wegen Verstoßes gegen AGB-rechtliche Vorschriften unwirksam.
Gegen diese Beurteilung wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine Klageansprüche weiterverfolgt. Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.4.2019 (Az.: 3-10 O 82/18) - den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 16.500,- EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Akten des vorausgegangenen Eilverfahrens (Az. 3-10 O 35/17) sind zu Informationszwecken beigezogen worden.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus dem Unterlassungsvertrag. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass zwischen den Parteien kein wirksamer Unterlassungsvertrag zustande gekommen ist.
1. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wird nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Schuldners begründet, sondern setzt den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner voraus. Für das Zustandekommen eines solchen Vertrags gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften (BGH GRUR 2010, 355 Rn. 17 - Testfundstelle). Wird der Abmahnung bereits eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, liegt darin bereits ein Vertragsangebot im Sinne von § 145 BGB. Nimmt der Schuldner die Erklärung ohne Änderungen binnen der verlangten Frist an, kommt der Vertrag zustande (BGH a.a.O. Rn. 18; GRUR 2017, 823 Rn. 12 - Luftentfeuchter). Das Abmahnschreiben des Klägers vom 14.2.2017 enthielt ein solches Angebot auf Abschluss einer Unterlassungsvereinbarung (Bl. 18 der Beiakte). Der Beklagte hat die vorformulierte Erklärung ohne Änderungen unterschrieben. Damit ist der Unterlassungsvertrag zustande gekommen. Auf die Annahmeerklärung des Klägers vom 23.2.2017 kommt es daher nicht an.
2. Der Unterlassungsvertrag ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Bei der vorformulierten Erklärung handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen des Klägers, die den Beklagten unangemessen benachteiligen.
a) Bei der vorformulierten Unterlassungserklärung handelt es sich um AGB. Die §§ 305 ff. BGB sind auf Unterlassungsverträge mit Vertragsstrafeversprechen anwendbar (B...