Leitsatz (amtlich)

Die Sachgerechtigkeit des Urkundenprozesses wird allgemein darin gesehen, dass eine Beweisaufnahme schnell durchzuführen ist und denjenigen ein "prozessualer Lohn" zusteht, der im Rechtsverkehr Unklarheiten meidet und durch Urkunden, die eine zuverlässige Beweiskraft haben, für Klarheit und Sicherheit sucht. Dieser "prozessuale Lohn" ist bereits dann verdient, wenn die Urkunden die Zweifel und Unklarheiten im konkreten Fall ausräumen, wenn sie also die streitigen Punkte betreffen.

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Entscheidung vom 08.07.2005; Aktenzeichen 8 O 631/04)

 

Gründe

A

Der Beklagte in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am ... 2004 verstorbenen A verweigert die Erfüllung der den Klägern ausgesetzten Vermächtnisse - jeweils DM 50.000,00 oder jeweils EUR 25.564,59 - unter Hinweis darauf, dass die seitens seiner Streithelferinnen geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen den Nachlass diesen überstiegen.

Der Ehemann der Erblasserin war ursprünglich persönlich haftender Gesellschafter der OHG ... Gebrüder A. Zum ... 1967 schied er als persönlich haftender Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, wurde Kommanditist und übernahm einen Kommanditanteil im Nominalwert von DM 50.000,00. Sein Neffe, Großvater der Streithelferinnen des Beklagten, trat als neuer persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft ein, die nunmehr direkt von einer Kommanditgesellschaft betrieben wurde. Am ... 1970 errichtete die Erblasserin zusammen mit ihrem Ehemann ein notariell beurkundetes ehegemeinschaftliches Testament (Blatt 10 SBd), in welchem sie sich gegenseitig und wechselseitig zu Alleinerben einsetzten und zu Erben des längstlebenden dem Neffen des Ehemannes, welcher als persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft eingetreten war, ersatzweise für diesen dessen Nachkommenschaft und zwar nach Stämmen und innerhalb der Stämme nach Köpfen beriefen. Zugleich bestimmte der Ehemann der Erblasserin, dass sein Neffe nach seinem Ableben als nicht ausgleichspflichtiges Vorausvermächtnis seine "sämtlichen Geschäfts- und Gesellschaftsanteile an der Firma OHG bzw. KG ..., Gebrüder A" erhalten sollte. Der weiteren Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt des in Bezug genommenen Testaments verwiesen.

In dem zweiten und ebenfalls notariell beurkundeten Testamentsnachtrag vom ... 1972 setzten die Erblasserin und ihr Ehemann unter Let. b) Ziffern 3 bis 5 zugunsten der drei Kläger ein Barvermächtnis von jeweils DM 50.000,00 (= EUR 25.564,59) aus. Auch insoweit wird der Einzelheiten wegen auf den Inhalt des Testaments Bezug genommen (Blatt 23 SBd).

Am ... 1973 verstarb der Neffe des Ehemannes der Erblasserin. Dem Vorversterben des Großvaters der Streithelferinnen des Beklagten trugen die Testatoren im dritten Testamentsnachtrag vom ... 1973 (Blatt 34 SBd), ebenfalls notariell beurkundet, Rechnung und änderten das Ausgangstestament vom ... 1970 hinsichtlich der Geschäftsbeteiligung ab. Die Eheleute fassten nunmehr nachstehenden letzten Willen:

"Hinsichtlich dieses Kommanditanteils des Ehemannes A bestimmen wir, dass dieser Kommanditanteil der Ehefrau A, geb. E, verwitwete F (Anmerkung des Gerichts: Gemeint ist die Erblasserin) lediglich als Vorerbin anfallen soll und Nacherben dieses Kommanditanteils die Tochter des G A, nämlich H A, geb. am ... 1967 sowie weitere eheliche Kinder zu gleichen Teilen sein sollen".

Die dort bezeichneten "Nacherben" (Enkelgeneration) sind im vorliegenden Verfahren die berufungsführenden Streithelferinnen des Beklagten.

Am ... 1976 verstarb der Ehemann der Erblasserin.

Am ... 1980 errichtete die Erblasserin ein notariell beurkundetes Testament (Blatt 25 SBd) und bestimmte den Beklagten zum Ersatztestamentvollstrecker. Dieser wurde auch später zu Lebzeiten der Erblasserin noch deren Generalbevollmächtigter.

Auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses wurde der Kommanditanteil an der Verlagsgesellschaft, den nun die Erblasserin hielt, wie auch die Kommanditanteile der beide anderen Kommanditisten von je DM 50.000,00 auf DM 100.000,00 erhöht, wobei die Erblasserin den Betrag von DM 50.000,00 durch Verrechnung mit dem Kapitalkonto K2 finanzierte. Die Erhöhung der Kommanditanteile wurde am ... 1981 im Handelsregister eingetragen.

Mit "Unternehmenskaufvertrag" vom ... 1998 verkaufte die ... Gebrüder A KG an die K GmbH den Geschäftsbetrieb (Blatt 97 SBd) zum ... 1998. Als Kaufpreis wurde vorbehaltlich einer Zwischenbilanz und Erfüllung bestimmter Zusagen eine Zahlung von DM 44.500,00 vereinbart. Aus dem Prüfbericht der Mgesellschaft mbH O1 (Blatt 116 SBd) ist zu entnehmen, dass es zum damaligen Zeitpunkt drei Komplementäre und fünf Kommanditisten gab. Das Festkapital wurde in diesem Bericht mit DM 800.000,00 und das variable Kapital mit DM 4.540.082,85 ausgewiesen, wovon auf die Erblasserin DM 307.758,26 entfielen. Als Jahresüberschuss wurden DM 2.838.224,38 ausgewiesen.

Die Kommanditgesellschaft wurde in der Folgezeit liquidiert und am ... 1999 im Handelsregister ge...

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