Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der therapeutischen Wirksamkeit als Voraussetzung für gesundheitsbezogene Werbung (Kernspinresonanztherapie).
Normenkette
HWG § 3 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.11.2007; Aktenzeichen 2-6 O 267/06) |
Gründe
I. Diesem Rechtsstreit ist ein Eilverfahren unter dem Az. 6 U 33/06 (2-6 O 640/05) vorausgegangen.
Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die von dem Kläger beanstandeten Äußerungen in der Broschüre "MBST Ärzte- und Anwenderinformation" zu unterlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger handele entgegen der Auffassung der Beklagten nicht rechtsmissbräuchlich gem. § 8 Abs. 4. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Kläger nach Durchführung des Eilverfahrens das Hauptsacheverfahren eingeleitet habe, nachdem die Beklagte sich geweigert habe, eine Abschlusserklärung abzugeben. Die Klage sei auch begründet, weil die streitgegenständlichen Äußerungen irreführend seien. Denn sie seien geeignet, die Erwartung zu erwecken, es handele sich um ein therapeutisch mit Sicherheit wirksames Mittel, das eine heilende Wirkung entfaltet. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liege bei der Beklagten, weil der Kläger durch die von ihm vorgelegten Unterlagen substantiiert dargelegt habe, dass es nicht gesicherter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass die Anwendung der Magnetfeldtherapie zu den von der Beklagte in der beanstandeten Werbeaussage beschriebenen Erfolgen führe. Die Beklagte habe den ihr obliegenden Nachweis jedoch nicht führen können.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, das LG habe ihrem Beweisangebot nachgehen müssen, wonach die wissenschaftlichen Feststellungen in den von ihr vorgelegten Gutachten auch von einer randomisiert durchgeführten Doppelblindstudie bei einer größeren Gruppe von Probanden bestätigt würden. Eine Irreführung der allein angesprochenen Fachkreise sei ausgeschlossen. In die Hände von Patienten gelange die Broschüre nicht: In ihr werde auf S. 3 ("Information zum richtigen Umgang mit Werbematerial") ausdrücklich darauf hingewiesen, dass an Patienten eine für sie bestimme Informationsbroschüre weitergereicht werde. Die Informationsbroschüre enthalte einen Aufklärungshinweis des Inhalts, dass die Beklagte verpflichtet sei, darauf hinzuweisen, dass die Wirksamkeit von Magnetfeldtherapien in der Wissenschaft umstritten sei. Diese Patienten-Informationsbroschüre ist Gegenstand des Verfahrens 6 U 5/06 (2-3 O 219/05), welches derzeit beim BGH (Az. I ZR 108/07) zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde anhängig ist. Die Beklagte beantragt, das Verfahren bis zur Entscheidung des BGH in dieser Sache auszusetzen; der Kläger hat sich dem Antrag nicht angeschlossen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Unterlassungsansprüche des Klägers folgen aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 3 Nr. 1 HWG. Denn die Beklagte erweckt durch die Äußerungen in der angegriffenen Form entgegen § 3 Nr. 1 HWG den Eindruck einer therapeutischen Wirksamkeit der KernspinResonanzTherapie, die diese nicht hat.
Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Beklagten, dass die angegriffene Broschüre - nur - an Ärzte und Anwender ausgegeben wird, also nicht in die Hände von Patienten gelangt. Auch bei dieser Betrachtungsweise handelt es sich jedenfalls um Werbung gegenüber Ärzten, für die das Irreführungsverbot des § 3 HWG gleichermaßen gilt wie für eine Werbung außerhalb der Fachkreise, wobei die Fachkenntnisse der Ärzte bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Nicht von Bedeutung für die Entscheidung dieses Falles ist es, dass an die Patienten eine Broschüre verteilt wird, die einen Aufklärungshinweis bezüglich der wissenschaftlichen Umstrittenheit der Magnetfeldtherapie enthält und der Gegenstand eines beim BGH anhängigen Verfahrens ist. Dem Aussetzungsantrag der Beklagten war daher nicht zu entsprechen. Unerheblich ist es insbesondere, dass die Patienten-Informationsbroschüre über die Anwender an die Patienten verteilt wird, diese also die Möglichkeit haben, von dem Aufklärungshinweis ebenfalls Kenntnis zu nehmen. Zum einen ist völlig offen, ob die Anwender die Patienten-Broschüre lesen. Zum anderen können irreführende Angaben in diesem Werbemittel nicht durch einen Aufklärungshinweis - dessen hinreichende Deutlichkeit unterstellt - in einem anderen Werbemittel gerechtfertigt werden.
Die Darlegungs- und Beweislast für die therapeutische Wirksamkeit der KernspinResonanzTherapie liegt bei der Beklagten, da de...