Leitsatz (amtlich)
1. Ein Schiedsgutachten über den Minderwert eines nach Ablauf der Leasingvertragslaufzeit zurückgegebenen Fahrzeugs ist unverbindlich, soweit es auf einer unrichtigen Vorgehensweise zur Ermittlung des Minderwerts beruht.
2. Eine Gleichsetzung von Reparaturkosten und Minderwert darf nur hinsichtlich festgestellter Schäden an Karosserie, Felgen u.Ä. erfolgen, nicht aber hinsichtlich der verschleißbedingten Teile, wie etwa der Reifen.
Normenkette
BGB §§ 317, 319
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.11.2011; Aktenzeichen 2-07 O 157/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 29.11.2011 - Az.: 2-07 O 157/11 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.848,94 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 4.3.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin zu 70 % und der Beklagten zu 30 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat i.H.v. 6.174,91 EUR Erfolg. Im Übrigen - i.H.v. 2.848,94 EUR - hat die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten unter Berücksichtigung der Berufungsangriffe Bestand.
Rechtsfehlerfrei hat das LG der Klägerin eine Nachvergütung der Nutzung des Leasingfahrzeugs, bezogen auf die gefahrenen Mehrkilometer, i.H.v. 933,04 EUR brutto (784,07 EUR netto zzgl. 19 % MWSt.) zuerkannt. Dieser Vergütungsanspruch folgt aus Ziff. IV. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin (Anlage K 2), die wirksam in den streitgegenständlichen Leasingvertrag (Anlage K 1) einbezogen worden sind.
Dem LG ist dem Grunde nach auch darin beizupflichten, dass die Beklagte der Klägerin Ersatz des Schadens schuldet, der dadurch entstanden ist, dass sich das Leasingfahrzeug bei Rückgabe nach Vertragsende nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befand. Nach Ziffer XI.1 der AGB der Klägerin haftet der Leasingnehmer dem Leasinggeber auch ohne Verschulden für Untergang, Verlust, Beschädigung und Wertminderung des Fahrzeugs und seiner Ausstattung.
Der zu erstattende Minderwert beläuft sich auf insgesamt 1.915,90 EUR brutto (1.610 EUR netto).
Danach hat die Beklagte für die auch von ihr nicht in Abrede gestellten Beschädigungen an der Karosserie, der Fahrzeugfront und der hinteren rechten Radlaufleiste, sowie an den Felgen, die unstreitig zerkratzt waren, Schadensersatz auf der Grundlage der im TÜV-Gutachten des ... A GbR vom 23.12.2010 bezifferten Werte zu leisten. Insoweit hat das LG mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Parteien in Ziffer XVII.1der AGB der Klägerin eine Schiedsgutachtenabrede getroffen und sich auf den TÜV als Gutachter geeinigt hatten. Gemäß §§ 317, 319 BGB waren die in vorgenanntem Gutachten bezifferten Minderwerte von insgesamt 1.030 EUR netto (850 EUR für das Frontteil und 180 EUR für Verschürfungen an der Radlaufleiste) für die Schäden an der Karosserie zzgl. 500 EUR netto (125 EUR × 4) für die zerkratzten Felgen für beide Parteien verbindlich. Denn die Wertansätze des Gutachters waren nicht offenbar unbillig. Der mit Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 23.11.2011 vorgelegte Kostenvoranschlag der B GmbH vom 23.11.2010 enthielt einen Kostenansatz von 975,22 EUR brutto für die Instandsetzung des Frontteils. Die Differenz zwischen diesem Kostenvoranschlag und der im Schiedsgutachten veranschlagte Wertminderung von 1.011,50 EUR brutto (850 EUR netto) erscheint geringfügig und nicht geeignet, Zweifel an der Angemessenheit der gutachterlichen Festsetzung zu begründen. Auch der für die Verschürfungen an der Radlaufleiste gutachterlich festgesetzte Betrag von 180 EUR netto ist nicht offenkundig überhöht. Gleiches gilt hinsichtlich der für die Beschädigungen der Felgen angesetzten Wertminderungen von 125 EUR je Felge.
Die die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat die Angemessenheit der vorstehend bezeichneten Minderwerte auch im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits nicht substantiiert angegriffen. Sie hat sich vielmehr ihrerseits, vertreten durch ihren Ehemann, den als Zeugen benannten Herrn Z1, schon bei Erstellung des Rücknahmeprotokolls vom 22.11.2010 (Bl. 75 d.A.) zur Erstattung eines Betrags von 180 EUR für Mängel im Bereich der Karosserie sowie eines weiteren Betrags von 500 EUR die Beschädigung der Felgen bereit erklärt.
Zuzusprechen waren der Klägerin des Weiteren die im Gutachten des TÜV mit 80 EUR veranschlagten Kosten für die im Motorraum durchzuführenden Untersuchungen (HU/AU), deren Fälligkeit die Beklagte nicht bestritten hat.
Der darüber hinaus beantragte Minderwertausgleich war der Klägerin aber nicht zuzusprechen, weil die insoweit notwendige...