Leitsatz (amtlich)

1. Ein wirksamer Treuhandauftrag der finanzierenden Bank an den mit der Abwicklung eines Grundstückkaufvertrages beauftragter Notar erfordert, dass die Bank spätestens mit der Überweisung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto dem Notar einseitige Verwahranweisungen erteilt oder wenigstens erkennbar sich solche Weisungen für später vorbehält.

2. Der in den Überweisungen angegebene Verwendungszweck "Treuhandzahlung, i. A. Käufer" lässt eine Ankündigung von noch folgenden Treuhandanweisungen nicht erkennen.

 

Normenkette

BNotO § 19 Abs. 1 S. 1, § 23

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 18.12.2009; Aktenzeichen 4 O 238/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten und die Hilfsanschlussberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des LG Limburg - 4. Zivilkammer - vom 18.12.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin allen Schaden zu erstatten hat, der dieser daraus entstanden ist oder noch entstehen wird, dass der Insolvenzschuldner Dr. N1 als Notar die ihm von der Klägerin zu treuen Händen für die Eheleute E als Darlehensvaluta gezahlten Beträge i.H.v. insgesamt 103.242,45 EUR zugunsten der B. GmbH ausgezahlt hat, bevor die erste Rangstelle für die am 3.12.2001 bewilligte und am 3.6.2002 im Grundbuch von Stadt1 Bl ... in Abt. III zugunsten der Klägerin eingetragenen Grundschuld über 106.348,71 EUR gesichert war, wird als unzulässig abgewiesen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 59.650,11 EUR Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen die Eheleute ... und ... E auf Rückzahlung der Restschuld aus den gewährten Darlehen Nr ... und ... in Höhe des Urteilsbetrages und eines letztrangigen Teilbetrages in Höhe des ausgeurteilten Betrages der zugunsten der Klägerin im Wohnungsgrundbuch von Stadt1 Blatt ... in Abteilung III unter laufender Nr. 2 eingetragene Grundschuld zu 106.348,71 EUR nebst 15 Prozent Zinsen zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz hat die Klägerin zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 42 % und der Beklagte zu 58 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 105 % des für diesen aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit i.H.v. 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt ggü. dem Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen des früheren Notars Dr. N1 die Feststellung von Schadensersatzansprüchen dem Grunde nach bzw. - erstmals im Berufungsverfahren - hilfsweise die Zahlung von Schadensersatz mit der Begründung, der Notar habe von ihr erteilte Treuhandaufträge fehlerhaft ausgeführt.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Limburg vom 18.12.2009 Bezug genommen.

Das LG hat dem erstinstanzlich allein gestellten Feststellungsantrag in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Notar Dr. N1 habe durch die vorzeitige Auszahlung der von der Klägerin auf dem Notaranderkonto zur Verfügung gestellten Darlehensvaluta gegen die ihm von der Klägerin erteilten Treuhandauflagen verstoßen. Die von der Klägerin u.a. verlangte erstrangige Eintragung der zu ihren Gunsten bestellten Grundschuld sei selbst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LG noch nicht sicher gestellt gewesen. Da der Restkaufpreis i.H.v. 40.380,92 EUR noch immer nicht an die ... bank ... gezahlt worden sei, könne die zu deren Gunsten erstrangig eingetragene Grundschuld über 1.584.000 EUR nicht gelöscht werden.

Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Die Klägerin habe keineswegs bereits mit Schreiben der ... bank ... vom 27.1.2003 (Blatt 36 d.A.) die Kenntnis von den anspruchsbegründeten Umständen sowie der Person des Schuldners erlangt. Die Zeugin Z1, Wissensvertreterin der Klägerin, habe glaubhaft und nachvollziehbar ausgeführt, dass ihr das vorgenannte Schreiben der ... bank ... nicht bekannt gewesen und die Akte im Februar 2003 an die Polizei ausgehändigt worden sei.

Der von der Klägerin verfolgte Feststellungsantrag sei ausnahmsweise zulässig. Auch wenn die Klägerin ihren Schadensersatz ohne weiteres beziffern könne, sei der Feststellungsantrag ausnahmsweise zulässig, weil erwartet werden könne, dass nach Erlass des Feststellungsurteils die Haftpflichtversicherung des Insolvenzschuldners sich abschließend dazu erkläre, ob sie sich auf Vorsatz des Insolvenzschuldners berufe oder zahlen werde.

Gegen diese ihm am 21.12.2009 zugestellte En...

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