Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung zur Insolvenztabelle als Abnahme der Werkleistung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Vertrag über die Planung, die Anfertigung und den Einbau einer Haustreppenanlage aus Stahl und Holz ist als Werkvertrag einzuordnen.

2. Der Bürge, der die Zahlungsvoraussetzungen des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB sinngemäß in der Bürgschaftsurkunde wiedergibt, verzichtet damit nicht auf Einwendungen.

3. In der vorbehaltlosen, uneingeschränkten Feststellung einer Werklohnforderung zur Insolvenztabelle kommt auch die Abnahme der Werkleistung zum Ausdruck.

 

Normenkette

BGB §§ 631, 648a, 768

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Entscheidung vom 03.04.2018; Aktenzeichen 1 O 236/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3.4.2018 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.930,82 EUR zuzüglich Zinsen hieraus von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2017 zu zahlen Zug um Zug

a) gegen Herausgabe der Bürgschaftsurkunde Nrn. 200 97 701446100 000006 f. vom 14.6. bzw. 15.6.2016

b) gegen Abtretung der Werklohnforderung der Klägerin gegen Fa. A GmbH i. L. hinsichtlich der Bauvorhaben "Neubau X/Y, Stadt1" und "Neubau V/W, Stadt2".

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich hinsichtlich der Herausgabe der vorgenannten Bürgschaftsurkunden sowie hinsichtlich der vorgenannten Abtretung im Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 13 %, die Beklagte zu 87 % zu tragen.

III. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin plante, fertigte und baute als Nachunternehmerin der zwischenzeitlich insolventen A GmbH (nachfolgend: Hauptunternehmerin) zwei Haustreppenanlagen aus Stahl und Holz in Einfamilienhausneubauten ein. Die Beklagte verbürgte sich jeweils für die Vergütungsforderung gegen die Hauptunternehmerin zur Erfüllung deren Sicherungspflicht nach § 648a BGB ; beide Bürgschaftsurkunden geben in modifizierter Form die Zahlungsvoraussetzungen nach § 648a Abs. 2 Satz 2 BGB wieder. Die Klägerin erwirkte gegen die Hauptunternehmerin ein Versäumnisurteil über die Restforderungen für beide Treppen. Während der laufenden Einspruchsfrist wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptunternehmerin eröffnet. Die Klägerin nahm die Beklagte daraufhin aus den Bürgschaften in Anspruch; die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Der Insolvenzverwalter der Hauptunternehmerin stellte die Restforderungen der Klägerin zur Tabelle fest.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das Landgericht hat die Klage als derzeit nicht fällig abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter (S. 1 der Berufungsbegründung, Bl. 99 d. A.). Die Beklagte begehrt Zurückweisung der Berufung (S. 1 der Berufungserwiderung, Bl. 115 d. A.) und verteidigt das landgerichtliche Urteil.

B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und abgesehen vom vertragsgemäß abzuziehenden Gewährleistungseinbehalt begründet. In der Feststellung der Klageforderung zur Insolvenztabelle ist nicht nur ein - die Beklagte als solches nicht bindendes - Anerkenntnis, sondern auch eine - die Beklagte bindende - Abnahme der klägerischen Leistung zu sehen, sodass die Klageforderung seitdem fällig ist. Ob sie es auch schon vorher war, ist nicht entscheidungserheblich.

I. Der Klägerin steht gegen die Hauptunternehmerin eine Restwerklohnforderung zu. Es liegt ein Werkvertrag vor, weil bei der Montage der individuell geplanten, gefertigten und eingebauten Treppen auch der (Neu-) Bau geändert, seine Funktion durch den Einbau gewährleistet wird (vgl. Jansen/von Rintelen, in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Aufl. 2018, § 631 Rn. 3, vor § 631 Rn. 121 f.). Es kommt für die Abgrenzung nicht primär auf das Verhältnis von Material- und Montagewert, sondern auf die funktionale Bedeutung und Einpassung an.

II. Das Landgericht ist wohl zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte in den Bürgschaftsurkunden nicht auf Einwendungen verzichtet hat, die ihr als Bürgin zur Verfügung stehen.

1. Die Regelung des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB, die in beiden Bürgschaftsurkunden sinngemäß übernommen ist, enthält ein gegenüber dem allgemeinen Bürgschaftsrecht zusätzliches formales Fälligkeitskriterium zum Schutze des Bestellers und des Bürgen, dem die sachliche Auseinandersetzung um die Hauptforderung erspart werden soll; die Erfüllung dieser Voraussetzung ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Inanspruchnahme des Bürgen, der an das Anerkenntnis oder die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners nicht gebunden ist, sondern dessen Einwendungen wie seine eigenen uneingeschränkt erheben kann wie jeder andere selbstschuldnerische Bürge auch (vgl. grundlegend Schmitz BauR 2006, 430, 433...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge