Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob eine Sicherungsabrede nach § 9 AGBG unwirksam ist, weil sie die Hauptschuldnerin zur Stellung einer Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die Einreden nach § 768 BGB verpflichtet.
Normenkette
AGBG § 9; BGB §§ 306-307, 770-771, 776, 768
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 13 O 24/06) |
Gründe
I. Die Klägerin, Rechtsnachfolgerin der A, hat die Beklagte aus drei im Jahr 1997 ausgestellten Gewährleistungsbürgschaften auf Zahlung von insgesamt 74.341,83 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Bürgschaften erfolgten zur Absicherung der Gewährleistungsverpflichtung der Nachunternehmerin der Klägerin, der B GmbH, aus einem Vertrag über Trockenbauarbeiten im Rahmen des Bauvorhabens A bei O1. In dem von der Klägerin und der B GmbH unterzeichneten Verhandlungsprotokoll vom 24.4.1996 (Anl. K 4) heißt es unter Nr. 13, "Sicherheitsleistung": "13.2: Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5 % der Schlussabrechnungssumme zuzgl. MwSt, ablösbar mit einer unbefristeten Bankbürgschaft nach dem Muster des AG." Die dem Vertrag ebenfalls zugrunde liegenden "Bedingungen der A für Nachunternehmer" (Anl. K 22, Bl. 276 d.A.) enthalten in Nr. 16.2 ebenfalls die Möglichkeit eines zu vereinbarenden Gewährleistungseinbehalts sowie in Nr. 17.2 die Klausel: "Der Gewährleistungseinbehalt gem. Ziff. 16.2 kann mit Zustimmung des AG durch eine Gewährleistungsbürgschaft gleicher Höhe, die den Anforderungen von Ziff. 17.1 Satz 2 entsprechen muss, abgelöst werden." Ziff. 17.1 Satz 2 bestimmt für die Vertragserfüllungsbürgschaft, dass es sich "um eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder sonst tauglichen Bürgen, entsprechend dem Muster des AG," handeln muss. Bei Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls wurden die später von der Beklagten verwendeten Bürgschaftsmuster übergeben, wie erstinstanzlich zwischen den Parteien unstreitig war. In den von der Beklagten unterzeichneten Bürgschaftsformularen heißt es: "Auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage gem. §§ 770, 771 BGB, auf die Einrede gem. § 768 BGB sowie auf das Recht gem. § 776 BGB wird verzichtet."
Unstreitig schuldet die B GmbH der Klägerin Schadensersatz wegen nicht erbrachter Mängelbeseitigung i.H.v. über 3.600.000 EUR. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Die Parteien streiten allein darum, ob die Sicherungsabrede nach § 9 AGBG a.F. unwirksam ist, weil sie die Hauptschuldnerin zur Stellung einer Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die Einreden nach § 768 BGB verpflichte, wie die Beklagte meint.
Das LG ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat die Klage abgewiesen, weil die Hauptschuldnerin durch den Ausschluss der Einreden nach § 768 BGB unangemessen benachteiligt werde. Damit setze sich die Klägerin dem Arglisteinwand aus, weil sie die Zahlungen im Rückforderungsprozess sofort erstatten müsse.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie den Klageantrag, vermindert um 1.200 EUR, weiterverfolgt; aus der über diesen Betrag lautenden Bürgschaft leitet die Klägerin keine Rechte mehr her.
Die Klägerin rügt, das LG sei zu Unrecht von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen. Zudem gebe die Sicherungsabrede keine Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB vor. Selbst wenn das der Fall wäre, läge darin keine unangemessene Benachteiligung des Unternehmers. Schließlich könne die Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Einreden aus § 768 BGB aufrechterhalten werden.
Sie beantragt, das Urteil des LG Wiesbaden vom 10.5.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 73.779,42 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aus § 765 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Bürgschaftsverträgen vom 13.10.1997 über einen Betrag von 120.200 DM und vom 23.10.1997 über einen Betrag von 24.100 DM, insgesamt daher i.H.v. 73.779,42 EUR.
1. Einwendung aus den Bürgschaftsverträgen
Eigene Einwendungen aus den Bürgschaftsverträgen stehen der Beklagten nicht zu. Zwar handelt es sich bei den beiden Verträgen vom 13.10.1997 und vom 23.10.1997 (Anl. K 1) um formularmäßig vorgegebene Bürgschaften, die der AGB-Kontrolle unterliegen. Die Vereinbarung eines Verzichts des Bürgen auf die Rechte des § 768 BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt wegen der damit verbundenen Aushebelung des Akzessorietätsprinzips zu einer unangemessenen Benachteiligung des Bürgen und ist daher nach § 9 AGBG a.F. (§ 307 n.F. BGB) unwirksam (BGH, Urt. v. 8.3.2001 - IX ZR 236/00). Damit wird aber nicht der Bürgschaftsvertrag als ganzer hinfällig, sondern er bleibt nach § 6 Abs. 1 AGBG a.F. ohne diesen Verzicht bestehen, wovon offenbar auch die Beklagte ausgeht (offenbar auch der BGH, a.a.O., da er...