Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsunfall: Abwägung - Anscheinsbeweis bei Verstoß gegen
Normenkette
StVO § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.07.2015; Aktenzeichen 2-24 O 252/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 24. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 15.7.2015, Az. 2-24 O 252/14, teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 6.293,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.8.2014 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 650,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, Eigentümerin einer X-Taxe, macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall vom 10.7.2014 geltend, bei dem der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs mit der vorderen rechten Fahrzeugseite mit der geöffneten Fahrertür des rechts auf dem Parkstreifen neben der Straße1, Stadt1, geparkten PKWs der Beklagten zu 1 kollidierte.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 1 - wie die Klägerin behauptet hat - die Fahrertür ihres Fahrzeugs unvermittelt in voller Breite aufgestoßen hat, als der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs vorbeifahren wollte, oder ob die Taxe - so die Beklagten - gegen die bereits geöffnete und offen stehende Tür fuhr.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 197 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs, des Zeugen Z1, und nach Anhörung der Beklagten zu 1 die Klage abgewiesen. Die vorzunehmende Abwägung der Verschuldens- und Verursachungsbeiträge führe zu einer Alleinhaftung der Klägerin. Die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs habe sich durch ein verkehrswidriges Verhalten des Fahrers wesentlich erhöht, so dass die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs dahinter vollkommen zurücktrete. Die Klägerin habe nicht beweisen können, dass die Beklagte zu 1 gegen ihre Pflicht aus § 14 Abs. 1 StVO verstoßen habe. Der Zeuge Z1 habe die Beklagte zu 1 überhaupt nicht wahrgenommen und habe keine Aussage dazu treffen können, ob er bereits in die Straße "1" eingebogen war, als die Beklagte zu 1 die Fahrertür öffnete. Demgegenüber habe die Beklagte zu 1 glaubhaft bekundet, sich vor dem Öffnen der Tür vergewissert zu haben, dass in der Straße kein Fahrzeug zu sehen war. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, dass die Beklagte zu 1 die zunächst nur teilweise geöffnete Tür in dem Moment des Vorbeifahrens des Taxis plötzlich in voller Breite aufgestoßen habe. An der Glaubhaftigkeit der entsprechenden Aussage des Zeugen Z1 bestünden Zweifel. Demgegenüber habe die Beklagte zu 1 glaubhaft bekundet, die Tür lediglich einen Spalt breit geöffnet zu haben und sodann in das Fahrzeug eingestiegen zu sein, ohne später die Tür weiter aufgestoßen zu haben.
Die Klägerin habe demnach nicht beweisen können, dass sich die Beklagte zu 1 verkehrswidrig verhalten habe. Damit stehe fest, dass sich die Beklagte zu 1 vor dem Einsteigen vergewissert habe, dass die Straße frei war. Außerdem stehe fest, dass sie die geöffnete Tür nach dem Einsteigen nicht weiter geöffnet habe. Daraus folge zwingend, dass der Fahrer des Klägerfahrzeugs gegen die Pflicht verstoßen haben müsse, einen ausreichenden Sicherheitsabstand einzuhalten. Könne ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen nicht nachgewiesen werden, hafte der Fahrer des vorbeifahrenden Fahrzeugs regelmäßig zu 100 %.
Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 199 ff. d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 21.7.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 11.8.2015 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 3.9.2015 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin rügt die Feststellungen des Erstgerichts zum Unfallhergang als unzutreffend. Es spreche bereits der Anscheinsbeweis dafür, dass die Beklagte zu 1 die Fahrertür geöffnet habe und diese dabei mit der rechten Seite der Taxe kollidiert sei. Das LG hätte den von der Klägerin gestellten Beweisanträgen nachgehen müssen, wonach die Taxe mit ausreichendem Sicherheitsabstand zum Bordstein gefahren sei und die Beschädigungen an den Fahrzeugen zeigten, dass unmittelbar vor der Kollision die Tür am Fahrzeug der Beklagten zu 1 zumindest weiter in die Fahrbahn hineingestoßen worden sei. Auch sei die Beweiswürdigung des Gerichts nicht schlüssig.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Frankfurt am Main vom 15.7.2015, Az. 2-24 O 252/14, abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 12.607,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.8.2014 sowie die vorgerichtlich...