Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß durch Unterlassen lebensmittelrechtlich gebotener Angaben zur Anzahl der in einer Umverpackung enthaltenen Einzelpackungen
Leitsatz (amtlich)
Werden mehrere identische Lebensmittel (hier: Pralinenkugeln), die jeweils mit einer verschweißten Folien umgeben sind, in einer Umverpackung angeboten, ist nach dem Lebensmittelrecht auf der Umverpackung die Anzahl der enthaltenen Einzelpackungen anzugeben. Das Unterlassen dieser Angabe ist unlauter im Sinne von § 5a II UWG.
Normenkette
LMIV Art. 23; UWG § 5a Abs. 2
Tenor
Zu dieser Entscheidung gibt es eine Pressemitteilung auf der Webseite des OLG (www.olg-frankfurt-jusitz.hessen.de).
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.10.2017 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziffer 1. des Tenors die Worte "wie nachfolgend abgebildet geschieht:" sowie die nachfolgenden Abbildungen ersetzt werden durch "wie auf S. 2 - 5 der Klageschrift (Bl. 2 - 5 d. A.) abgebildet geschieht".
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 32.000 EUR leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Interessenvereinigung aller hessischen Verbraucher gegenüber Wirtschaft und Gesetzgeber. Bei der Beklagten handelt es sich um die deutsche Niederlassung eines italienischen Süßwarenherstellers. Sie vertreibt u.a. unter der Bezeichnung "X" mit Kokosraspeln umhüllte Pralinenkugeln. Das Produkt wird in Packungsgrößen mit einer Nettofüllmenge von 40 Gramm, 150 Gramm und 230 Gramm vertrieben, wobei die 40 Gramm-Packung vier Pralinenkugeln enthält. Streitgegenständlich ist die 230 Gramm-Packung:
((Abbildung))
Die Nettofüllmenge von 230 Gramm ist auf der Unterseite der Verpackung angegeben, nicht hingegen die Anzahl der in der Schachtel befindlichen Pralinenkugeln. Diese sind einzeln in einer Folie verpackt, die an den Seiten zugeschweißt ist.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe wegen der fehlenden Angabe der Stückzahl gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 3a UWG in Verbindung mit Artikel 23, Nr. 4 des Anhangs IX der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV) zu. Bei der Umhüllung der "X"-Kugeln handele es sich um Einzelpackungen im Sinne von Nr. 4 des Anhangs IX der LMIV mit der Folge, dass die Beklagte nicht nur die Füllmenge, sondern auch die Anzahl der Pralinen hätte angeben müssen.
Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, bei den Umhüllungen der Pralinenhandele es sich lediglich um Trennhilfen, die nicht als Einzelpackung angesehen werden könnten.
Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, vorverpackte Lebensmittel, die aus mehreren nicht zum Einzelverkauf bestimmten gleichartigen Packungen desselben Erzeugnisses bestehen, bei dem auf der Verpackung aber nicht die Anzahl (Stückzahl) der enthaltenen einzelnen Einzelpackungen angegeben sind, anzubieten und zu bewerben sowie in den Verkehr zu bringen, wenn dies wie in den Anlage K1 bis K3 zur Klageschrift beschrieben und wie oben und auf Seiten 3-5 des angefochtenen Urteils abgebildet geschieht. Es hat die Beklagte des Weiteren verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 214,- EUR nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, bei den Umhüllungen der "X"-Kugeln handele es sich um Einzelpackungen im Sinne von Nr. 3/Nr. 4 des Anhangs IX der LMIV, nicht um bloße Trennhilfen. Dies gelte jedenfalls deshalb, weil die Packung in zerstörerischer Weise geöffnet werden müsse, um die einzelne Praline zu entnehmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der Berufungsinstanz wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Änderung des angefochtenen Urteils dahingehend, dass die im Tenor wiedergegebenen Abbildungen durch eine Bezugnahme auf die in der Klageschrift enthaltenen ersetzt wurden, hat ihren Grund allein darin, dass die im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Abbildungen in schwarz-weiß und weniger deutlich gehalten waren als die Farbabbildungen in der Klageschrift.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 3, 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG in Verbindung mit Artikel 23, Nr. 4 des Anhangs IX d...