Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlauterer Wettbewerb: "Offene" Imitationswerbung für Parfumimitationen durch Verwendung von an das nachgeahmte Markenparfum angenäherten Bezeichnungen und Ausstattungsmerkmalen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 6 II Nr. 6 UWG kann grundsätzlich auch auf Fälle Anwendung finden, in denen Parfumerzeugnisse, die in ihrer Duftnote Markenparfums nachgestellt sind, auch hinsichtlich der Bezeichnung und sonstiger Ausstattungsmerkmale an das nachgeahmte Markenparfum angenährt werden.
2. Als "offene" Imitationswerbung können auch Merkmale des Nachahmungserzeugnisses eingestuft werden, in denen - ohne dass die Marke des nachgeahmten Parfums ausdrücklich genannt wird - der angesprochene Verkehr einen Hinweis des Herstellers darauf erkennt, dass das so bezeichnete und ausgestattete Parfum in der Duftnote einem bestimmten Markenparfum entspreche.
3. Die Frage, ob nach § 144 ZPO von Amts wegen eine Verkehrsbefragung durchgeführt werden soll, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
Normenkette
UWG § 6 Abs. 2 Nr. 6; ZPO § 144 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.12.2005) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 1) wird das am 22.12.2005 verkündete Teilurteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. teilweise abgeändert. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin zu 1) Auskunft zu erteilen über den Umfang des Vertriebs des Parfumprodukts "Z" seit dem 1.1.2003, gegliedert nach Quartalen, dem erzielten Umsatz sowie Art und Umfang der für das Produkt betriebenen Werbung.
Die weitergehende Berufung der Klägerin zu 1) sowie die Berufungen der Klägerin zu 2) und des Beklagten zu 2) werden - soweit sie nicht zurück-genommen worden sind - zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 1) 4/5 und die Klägerin zu 2) 1/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Beklagte zu 2) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 EUR, die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung der Klägerinnen zu-rückgewiesen worden ist.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO). Die Klägerinnen verfolgen mit ihrer Berufung die vom LG abgewiesenen Klageanträge weiter; hinsichtlich der mit der Berufungsbegründung zunächst auch gestellten Anträge zu I. 3. b) und I. 4. hat die Klägerin zu 1) die Berufung zurückgenommen. Der Beklagte zu 2) wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verurteilung gem. Ziff. 3. des Tenors des angefochtenen Urteils, soweit die Feststellung der Schadensersatzpflicht sich auf den Zeitraum vor dem 1.1.2003 erstreckt; hinsichtlich der Verurteilung zu Ziff. 2. c) und d) hat der Beklagte zu 2) die zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen.
Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerinnen stützen die mit den Berufungsanträgen zu I.1. und 2., II. weiterverfolgten Klageansprüche weiterhin in erster Linie auf Wettbewerbsrecht (§§ 6 II Nr. 6, 4 Nr. 9b UWG) und nur hilfsweise auf Markenrecht. Wegen der Gestaltung der sich gegenüberstehenden Produktausstattungen A/A Woman-a/bB/she/B/he-c/she/c/heC-dD-e/fE-f Woman/f Homme wird auf die als Anlagenkonvolut BK 3 eingereichten Produkte der Parteien verwiesen.
Der Senat hat zunächst einen Beweisbeschluss vom 9.11.2006 erlassen, wonach ein demoskopisches Gutachten zu der Behauptung der Klägerinnen eingeholt werden sollte, potentielle Käufer von Damen- und Herrenparfums entnähmen der Gesamtausstattung (bestehend aus der Bezeichnung sowie Form und Farbe von Flakon und Umverpackung) der angegriffenen Parfumerzeugnisse den Hinweis darauf, dass diese Parfumerzeugnisse in der Duftnote den Markenparfums der Klägerinnen nachgestellt seien.
Nachdem der Klägervertreter schriftsätzlich nochmals darauf hingewiesen hatte, dass diese Beweisaufnahme nach seiner Auffassung überflüssig sei, die Klägerinnen jedoch einer von Amts wegen gem. § 144 ZPO angeordneten Beweisaufnahme "nicht im Wege" stünden, hat der Senat mit begründetem Beschluss vom 11.12.2006 (Bl. 502 d.A.) angekündigt, den Beweisbeschluss aufzuheben und auf der Grundlage des bisherigen Parteivorbringens sowie der eigenen Sachkunde des Senats zu entscheiden, soweit die Klägerinnen nicht einen Beweisantrag zum Inhalt des bereits erlassenen Beweisbeschlusses stellen.
Mit Schriftsatz vom 22.1.2007 hat der Klägervertreter erklärt, einen solchen Beweisantrag nicht zu stellen, weil die Klägerinnen eine Beweiserhebung nach wir vor nicht für erforderlich hielten.
Daraufhin hat der Senat den Beweisbeschluss aufgehoben und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Im Termin hat der Senat nochmals erläutert, warum er auf der Grundlage seiner Rechtsauffas...