Leitsatz (amtlich)

1. Eine Widerrufsbelehrung mit dem Inhalt "Wurde der Kredit ausgezahlt, so gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn der Kreditnehmer den Kredit nicht innerhalb von 2 Wochen nach Auszahlung bzw. Erklärung des Widerrufs zurückzahlt", genügt den Anforderungen von § 2 I 3 HWiG nicht.

2. Zur Länge der Frist zwischen Verhandlung und Willenserklärung, bei der noch von dem Anscheinsbeweis der Überrumpelung ausgegangen werden kann (hier: knapp drei Wochen)

3. Zu den Voraussetzungen eines Verbundgeschäfts nach § 9 III VerbrKrG (hier: Zusammenwirken der Bank mit Fondsbetreiber, Verkäufer oder Vermittler; Bedeutung der Mehrfachfinanzierung)

 

Normenkette

HwiG § 1; HWiG § 2; VerbrKrG § 9

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Aktenzeichen 1 O 1483/05)

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt nach Kündigung Rückzahlung zweier Darlehen, die sie dem Beklagten zum Betritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds zu Steuersparzwecken gewährte. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung der auf die Darlehen geleisteten Beträge, abzgl. der vom Fonds erhaltenen Ausschüttungen.

Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 156 ff. d.A.) verwiesen.

Das LG hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 1.6.2006 (Bl. 117 d.A.) über Anbahnung und Ablauf der zum Vertragsschluss führenden Gespräche zwischen dem Beklagten und dem Vermittler durch Vernehmung des Vermittlers A als Zeugen.

Mit Urteil vom 20.2.2007 hat das LG die Klage abgewiesen und die Beklagte auf die Widerklage hin zur Rückzahlung der Darlehensraten i.H.v. 13.336,88 EUR (verlangt waren 13.382,13 EUR) an den Beklagten verurteilt, Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils. Hinsichtlich einer von dem Beklagten behaupteten und zurückgeforderten Tilgungsleistung i.H.v. 45,25 EUR hat es die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die noch offene Darlehensforderung. Wegen des wirksamen Widerrufs des Beklagten sei kein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Verträge im Rahmen einer Haustürsituation abgeschlossen worden seien. Für beide Besuche des Vermittlers A habe eine Haustürsituation vorgelegen.

Dem Beklagten sei keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden, so dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Widerruf vom 29.12.2005 sei daher nicht verfristet.

Darlehens- und Fondsgeschäft stellten ein Verbundgeschäft dar. Nach § 3 HWiG könne sich der Beklagte seiner Rückzahlungsverpflichtung durch die Abtretung seiner Ansprüche gegen den Fonds entledigen.

Wegen der weiteren Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 6 ff. d.A.) verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Anträge auf Zahlung und Klageabweisung hinsichtlich der Widerklage weiter.

Sie rügt, dem Beklagten stehe kein Widerrufsrecht nach dem HWiG zu.

Es sei zwar davon auszugehen, dass der Beklagten den Beitritt zum Fonds in einer Haustürsituation erklärt habe. Diese Haustürsituation sei aber nicht kausal für den Abschluss der Darlehensverträge gewesen. Diese seien - unstreitig - erst am 3.7.1996 unterzeichnet worden. Zwischen dem ersten Hausbesuch am 10.6.1996 und dem zweiten am 3.7.1996 lägen mehr als drei Wochen. Dieser Zeitraum sei zu lang, um die Fortsetzung der Überrumpelungssituation anzunehmen. Dagegen spreche auch, dass der Beklagte - wie es unstreitig ist - am 10.6.1996 den Zeichnungsschein unterschrieben habe, der eine Widerrufsbelehrung nach dem HWiG enthalten habe. Im Termin vom 3.7.1996 hätten keine Verhandlungen mehr stattgefunden, sondern es seien lediglich die aufgrund des bereits im Termin zuvor ausgefüllten Selbstauskunftsformulars nebst Anlage zum Finanzierungswunsch für 6 Anteile (Bl. 213 d.A.) von der Klägerin vorbereiteten Darlehensanträge unterschrieben worden. Ferner schätzt die Klägerin die Steuervorteile des Beklagten auf 5.950 EUR (Bl. 210 d.A.), an anderer Stelle auf 8.000 DM (Bl. 212 d.A.) jährlich.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Hanau vom 20.2.2007, zugestellt am 26.2.2007, Aktenzeichen 1 O 1483/05, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.585,15 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.4.2005 zu zahlen und die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er ist der Auffassung, auf die Kausalität zwischen dem ersten und dem zweiten Besuch des Vermittlers komme es nicht an. Das LG habe aufgrund der Aussage des Zeugen A zutreffend festgestellt, dass die Unterzeichnung der Darlehensverträge am 3.7.1996 ebenfalls noch in einer Haustürsituation stattgefunden hätten. In diesem zweiten Gespräch, das sogar länger gedauert habe als das erste, in dem die Kapitalanlage vorgestellt worden sei, seien die von ...

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