Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Streitverkündungsschrift zur Verjährungshemmung
Leitsatz (amtlich)
Der Auftraggeber als Streitverkünder kann in der Streitverkündungsschrift zur näheren Bezeichnung des Verfahrensstandes und zur Kennzeichnung der Mängel, derentwegen er sich einen Regress beim Auftragnehmer sichern will, auf Anlagen konkret Bezug nehmen. Die Streitverkündung ist wirksam und zur Verjährungshemmung geeignet, wenn der Schriftsatz mit Anlagen den Streitverkündungsempfänger in beiderlei Hinsicht ausreichend unterrichtet.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 6; ZPO § 73
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 01.10.2021; Aktenzeichen 4 O 24/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1.10.2021 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das vorliegende Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 146.124,06 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt den Beklagten als ihren Nachunternehmer auf die Bevorschussung von Mängelbeseitigungskosten im Wesentlichen mit der Behauptung in Anspruch, der Beklagte habe seine Leistungen zum Einbau und zur Abdichtung von Dachflächenfenstern in verschiedener Hinsicht fehlerhaft erbracht. Die Klägerin war von einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem selbstständigen Beweisverfahren zu zahlreichen Mängeln überzogen worden, in dessen Rahmen die Klägerin dem Beklagten unter dem 16.11.2011 den Streit verkündet hatte (Anlage HSM 06, BI. 143 ff. d. A). Die das volle Rubrum der Hauptparteien des selbstständigen Beweisverfahrens ausweisende Streitverkündungsschrift hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"den
Streit
verbunden mit der Aufforderung,
dem Beweisverfahren auf Seiten der Antragsgegnerin hinsichtlich der Mangelpunkte im Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens und im Beweisbeschluss des Landgerichts vom 15. August 2011 zu B. 2. und A 3, A 9, A 11, A 18, A. 19. beizutreten.
Es wird beantragt,
den Streitverkündeten diesen Schriftsatz sowie die Antragsschrift vom 19. Mai 2011, die Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 2011 und die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 9. Juni 2011, 23. Juni 2011 und 29. Juni 2011, den Schriftsatz der Streitverkündeten zu 11.) vom 14. Juli 2011 nebst Anlage, den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2011, den Schriftsatz der Streitverkündeten zu 1.) vom 3. August 2011, den Schriftsatz der Antragstellerin vom 15. Juli 2011 nebst Anlage, den Beweisbeschluss vom 15. August 2011, den Schriftsatz der Streitverkündeten zu 12.) vom 15. August 2011, die Ladung der Sachverständigen Dipl.-Ing. (...) vom 19. September 2011, den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21. September 2011, den Schriftsatz der Streitverkündeten zu 1.) vom 30. August 2011, den Schriftsatz der Streitverkündeten zu 11.) vom 14. September 2011, die Ladung der Sachverständigen Dipl.-Ing. (...) vom 27. September 2011, den Beschluss vom 26. September 2011, den Schriftsatz der Sachverständigen Dipl.-Ing. (...) vom 19. September 2011 und den Schriftsatz der Streitverkündeten zu 7.) vom 14. September 2011 alsbald förmlich zuzustellen
und
der Antragsgegnerin den Zustellungszeitpunkte gemäß § 160 Abs. 1 ZPO zu bescheinigen.
Begründung:
Bei dem gegenständlichen Rechtsstreit beantragt die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin (...) die Beweiserhebung über die in der Antragsschrift vom 19. Mai 2011 behaupteten Mängel. Soweit Mängel oder Mängelansprüche der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin bestehen, hätte die Antragsgegnerin gegenüber den Streitverkündeten entsprechende Regress- und Haftungsansprüche, insbesondere Gewährleistungs- bzw. Mängelansprüche nach Abnahme, da die Antragsgegnerin die Leistungen nicht selbst sondern durch die Streitverkündeten ausgeführte.
Der Streitverkündete zu 17.) (...) hat an dem gegenständlichen Objekt Dachdecker- und Klempnerarbeiten, Abdichtung von Laubengängen und Terrassen aufgrund des Nachunternehmervertrages Nr. ... vom 4. Oktober 2005/28. September 2005 ausgeführt. Insoweit wäre er für die behaupteten Mängel gemäß dem obigen Beitrittsantrag zuständig und rechtlich verantwortlich.
Es besteht daher ein rechtliches Interesse der Antragsgegnerin, dass die Feststellungen des Sachverständigen gegenüber dem weiteren Streitverkündeten zu 17.) Bindungswirkung entfalten. Darüber hinaus dient die Streitverkündung der Verjährungshemmung.
Zum Stand des Verfahrens wird mitgeteilt, dass ein erster Ortstermin am 15. November 2011 stattgefunden hat, im Rahmen dessen eine erste oberflächliche Besichtigung der Mangelbehauptungen erfolgt ist. Mit der Terminierung eines Fortsetzungstermins wird in den nächsten Wochen bzw. Monaten gerechnet."
Die Streitverkündungsschrift wurde dem mit "Streitverkündete zu 17." bezeichneten Beklagten am 1...