Leitsatz (amtlich)
Wird ein Vorname (im Streitfall: "Sam"), der mit einer für Bekleidungsstücke eingetragenen Wortmarke identisch ist, in einem Internetangebot als Modellbezeichnung für eine Hose verwendet, liegt darin grundsätzlich zugleich eine markenmäßige, d.h. die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigende Benutzung. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn der angesprochene Durchschnittsverbraucher auf Grund einer ihm bekannten verbreiteten Branchenübung weiß, dass derartige Modellbezeichnungen - etwa als Bestellzeichen - allein dazu dienen, das Modell von anderen Modellen desselben Anbieters zu unterscheiden (im Streitfall verneint).
Normenkette
MarkenG § 14
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 12.05.2016; Aktenzeichen 2-3 O 318/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.5.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil teilweise abgeändert. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin EUR 1.752,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.8.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 85.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von EUR 85.000,00 leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten über markenrechtliche Ansprüche.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der A GmbH. Sie ist Inhaberin der am 03.05.1991 angemeldeten und am 27.09.1991 unter anderem für "Bekleidungsstücke" (Klasse 25) eingetragenen deutschen Wortmarke "SAM" (Reg.Nr. ..., Anlage K3).
Die Beklagte gehört zu den führenden Anbietern aktueller Markenmode für Herren in Deutschland, insbesondere im Bereich des Onlinehandels. Sie betreibt unter anderem die Onlineshops www.just4men.de und www.(...).de, auf denen Bekleidungsstücke einer Vielzahl verschiedener Hersteller angeboten werden. Auf diesen Portalen bot die Beklagte unter der Bezeichnung "EUREX BY BRAX" Jeanshosen der Herstellerin B GmbH & Co. KG an (Anlagen K1, K2). Im Beschreibungstext der Angebote findet sich jeweils die Angabe "Modell: Sam". Beispielhaft wird auf das nachfolgende Angebot verwiesen:
((Abbildung))
mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2015 ab (Anlage K 16). Die Beklagte und die Herstellerfirma B GmbH & Co. KG haben daraufhin gegen die Klägerin beim Landgericht Stadt1 eine negative Feststellungsklage erhoben (Az. ..., Anlage K26). Der Rechtsstreit ist hinsichtlich der Feststellung des Nichtbestehens eines Unterlassungsanspruchs gegenüber der (hiesigen) Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt worden (Anlagen B96, B100).
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte nutze das Zeichen "Sam" markenmäßig im Sinne einer Zweitmarke. Sie hat beantragt, die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung wie in den Anlagen K1 und K2 geschehen und zur Erstattung von Abmahnkosten zu verurteilen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, sie verwende stets die Modellnamen, die die Hersteller den Produkten zuweisen. Es sei seit Jahrzehnten in der Bekleidungsbranche üblich und gängige Praxis, zur Benennung der Modelle innerhalb einer Kollektion eines Herstellers Vornamen zu verwenden. Die Vornamen dienten nicht dazu, die Bekleidungsstücke eines Herstellers von denjenigen eines anderen Herstellers zu unterscheiden. Dem Durchschnittsverbraucher sei diese Praxis geläufig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das angegriffene Urteil des Landgerichts Frankfurt Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung "Modell: Sam" Bekleidungsstücke anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies wie in Anlage K1 und in Anlage K2 ersichtlich geschieht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des am 12.05.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main - 2-03 O 318/15 - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein Betrag in Höhe von 1.752,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbrin...