Leitsatz (amtlich)
Die Ankündigung eines "Insolvenzverkaufs", bei dem Ware zu reduzierten Preisen abgegeben werden, beinhaltet weder einen Preisnachlass noch eine sonstige Verkaufsförderungsmaßnahme i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG; daher muss bei der Werbung der Zeitraum der Verkaufsveranstaltung nicht angegeben werden.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 10 O 176/06) |
Gründe
I. Die Beklagte führte in ... in der Zeit zwischen dem 3.12.2005 und dem 9.1.2006 eine für diesen Zeitraum angemeldete, als "Isolvenzverkauf" bezeichnete Wanderlagerveranstaltung durch, mit der über 10.000 aus der Insolvenzmasse eines anderen Unternehmens stammende Orientteppiche zu reduzierten Preisen veräußert werden sollten. Sie warb für diese als Verkaufsveranstaltung mit der im nachfolgenden Klageantrag wiedergegebenen Anzeige, in der der Zeitraum der Verkaufsveranstaltung nicht genannt war. Die Klägerin sieht in der Werbung einen Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG, weil der Zeitraum der Verkaufsveranstaltung nicht klar und eindeutig angegeben sei. Außerdem hält sie die Werbung für irreführend (§ 5 UWG). Sie nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, wobei sie den erstinstanzlich gestellten Klageantrag wie nachstehend ersichtlich klargestellt und um einen Hilfsantrag ergänzt hat. Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs selbst oder durch Drittte in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung für den Verkauf von Artikeln des Sortiments unter Bezugnahme auf eine besondere Verkaufsaktion Preisreduzierungen der Beklagten anzukündigen, ohne in der Werbung den im Zeitpunkt der Werbung bereits festgelegten Zeitraum klar und eindeutig anzugeben, insbesondere wie dies in der nachfolgend wiedergegebenen Werbeanzeige (Schwarz-Weiß-Kopie) erfolgte:
(Vom Abdruck der nachfolgenden Textpassagen wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen - die Red.)
hilfsweise:
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der oben wiedergegebenen Werbeanzeige (Schwarz-Weiß-Kopie) zu werben und/oder werben zulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht der mit den Haupt- und Hilfsanträgen geltend gemachte Unterlassungsanspruch ebenso wie der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Wie das LG zutreffend angenommen hat, verstößt die beanstandete Werbung nicht gegen § 4 Nr. 4 UWG; sie enthält auch keine irreführenden Angaben i.S.v. § 5 UWG.
Die angegriffene Werbung erfüllt nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 4 UWG, weil sie keine "Verkaufsförderungsmaßnahme" im Sinne dieser Vorschrift betrifft.
Die Beklagte hat dem angesprochenen Verkehr mit der Anzeige keinen "Preisnachlass" in Aussicht gestellt.
Der Begriff des Preisnachlasses setzt voraus, dass dem Käufer ein betragsmäßig oder prozentual festgelegter Abschlag vom angekündigten oder allgemein geforderten Preis gewährt wird (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., Rz. 4.7 iV. m. 1.92 zu § 4 UWG). In diesem Sinn wurde der Begriff unter der Geltung des inzwischen aufgehobenen Rabattgesetzes verstanden (§ 1 II RabattG). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber diesem Begriff in § 4 Nr. 4 UWG einen anderen Inhalt verleihen und damit auch andere Formen der Preisvergünstigung, insbesondere die auf Dauer angelegte Herabsetzung des allgemein geforderten Preises - für die das Gesetz im Übrigen an anderer Stelle (§ 5 IV UWG) besondere Regelungen enthält - erfassen wollte.
Das demnach für einen Preisnachlass kennzeichnende Erfordernis, dass der reduzierte Preis nur eine Ausnahme ggü. dem sonst geforderten Normalpreis darstellt, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da bei einem "Insolvenzverkauf", der dem beschleunigten Abverkauf von Insolvenzware dient, der niedrigere Preis keine Ausnahme ggü. dem nach wie vor üblicherweise geforderten Preis darstellt. Vielmehr ist auch aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs die infolge der Insolvenz eingetretene Zwangslage lediglich die Erklärung für die ermäßigten Preise, bei denen es sich gewissermaßen um die neuen allgemein geforderten Preise handelt; insbesondere ist unter diesen Umständen eine Rückkehr zu den zuvor geforderten Preisen ...