Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbliche Eigenart eines Kaffeebereiters - Nichtvorliegen einer Nachahmung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Gestaltungsmerkmalen des Kaffeebereiters "Chambord", die nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung seinen Gesamteindruck prägen

2. Eine Nachahmung liegt vor, wenn das angegriffene Produkt dem Original so ähnlich ist, dass es sich in ihm wiedererkennen lässt. Dazu ist zu prüfen, ob das angegriffene Produkt die prägenden Gestaltungsmerkmale des Originals übernimmt, die dessen wettbewerbliche Eigenart ausmachen. Es kommt dabei auf die Gesamtwirkung der einander gegenüberstehenden Produkte aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers an (hier verneint).

 

Normenkette

UWG § 4 Nrn. 3a, 3b

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.03.2019; Aktenzeichen 2-6 O 309/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.3.2019 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche wegen einer angeblich unlauteren Produktnachahmung.

Die Klägerin ist Herstellerin des seit Jahrzehnten erfolgreich vertriebenen Kaffeebereiters "Chambord" (Anlage K1):

((Abbildung))

Es handelt sich um ein Produkt aus der Reihe sogenannter Pressstempelkannen, die auch als "French Press" bezeichnet werden. Pressstempelkannen werden von zahlreichen Anbietern auf dem Markt angeboten. Beispielhaft wird insoweit auf die Übersicht in der Klageerwiderung (S. 3, 4) sowie auf die Anlage B2 Bezug genommen.

Die Beklagte bringt seit dem Jahr 2012 den aus der Anlage K2 und der Anlage zum Klageantrag ersichtlichen, nachfolgend eingeblendeten Kaffeebereiter an:

((Abbildung))

Die Klägerin sieht in diesem Produkt eine wettbewerbswidrige Nachahmung des "Chambord"-Modells. Sie ließ die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 31.3.2017 abmahnen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, Kaffeebereiter wie in der Anlage zur Klageschrift dargestellt anzubieten, zu bewerben und in den Verkehr zu bringen. Es hat die Beklagte außerdem zur Auskunfterteilung, Rechnungslegung und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist. Hinsichtlich eines Teils der verlangten Abmahnkosten sowie der beanspruchten Zinsen hat es die Klage abgewiesen.

Das Landgericht hat ausgeführt, der Klägerin stünden Ansprüche aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz zu. Der Bodum-Kaffeebereiter "Chambord" genieße wettbewerbliche Eigenart. Die Beklagte habe mit ihrer Gestaltung nahezu alle prägenden Elemente übernommen. Es liege eine unlautere Rufausbeutung im Sinne des § 4 Nr. 3 b UWG vor.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten.

Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen. Die Beklagte verweist auf zahlreiche ähnliche Gestaltungen im wettbewerblichen Umfeld und die ihrer Ansicht nach erheblichen Unterschiede der angegriffenen Gestaltung, die einen von "Chambord" abweichenden Gesamteindruck erzeugen würden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.3.2019, Az. 2-06 O 309/18 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 3 a), b) UWG hinsichtlich des angegriffenen Kaffeebereiters zu. Es handelt sich um keine unlautere Nachahmung des Produkts "Chambord" der Klägerin.

a) Das Landgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kaffeebereiter "Chambord" wettbewerbliche Eigenart zukommt. Die Klägerin bietet unter der Bezeichnung "Chambord" unterschiedliche Produkte an. Sie hat klargestellt, dass die Klage allein auf die aus der Anlage K1 ersichtliche Gestaltung gestützt ist (Bl. 293 d.A.).

aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Für die Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart ist der Gesamteindruck des nachgeahmten Erzeugnisses maßgebend. Dieser kann durch Gestaltungsmerkmale bestimmt ode...

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