Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch. Auf die Feststellung der Wirkstoffmengen kann für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafe in dem Betäubungsmittelstrafrecht nicht verzichtet werden. Zur Nichtberücksichtigung eines Brechmitteleinsatzes als strafmildernd.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main 21795/01 (H9/2001) (Entscheidung vom 03.12.2001; Aktenzeichen 21795/01) |
Tenor
Das Urteil wird im Strafausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten - unter Freispruch vom weiteren Vorwurf der Urkundenfälschung - wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Crack) zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. Der Verurteilung wurde der folgende Sachverhalt zugrunde gelegt:
"Der Angeklagte verkaufte am 29. Mai 2001 gegen 21. 50 Uhr aus dem Mund heraus bei der Filiale MC Donald’s, An der Hauptwache, in Frankfurt am Main an einen Drogenkonsumenten fünf Cracksteine für 200, - DM. Zwei weitere Cracksteine führte er im Mund, um sie ebenfalls zu verkaufen. Bei polizeilicher Festnahme verschluckte er diese beiden Steine, weshalb es eines Brechmitteleinsatzes bedurfte, um sie zu Tage zu fördern. Der Angeklagte wies sich bei dieser Festnahme mit einem marokkanischen Ausweis aufaus, der sein Lichtbild trug. "
Gegen das Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines seinerzeitigen Verteidigers vom 14. 8. 2001 auf das Strafmaß beschränkte Berufung eingelegt. Das Landgericht hat die Beschränkung als wirksam beurteilt und die Berufung verworfen.
Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise begründete Revision des Angeklagten. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und erstrebt - wiederum - die Aufhebung des Strafausspruchs. Geltend gemacht wird, die Ablehnung eines auf die Klärung der näheren Umstände der durch Androhung von Zwang erreichten Brechmitteleinnahme durch den Angeklagten gerichteten Beweisantrags verstoße gegen § 244 Abs. 3 StPO. Der grundsätzlich und im konkreten Fall rechtswidrige Brechmitteleinsatz sei zu Gunsten des Angeklagten bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob er zu einem "Übermaß" an Erbrechen oder sonstigen Folgen geführt habe.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht beantragt die Aufhebung des Urteils insgesamt. Sie vertritt die Auffassung, die Beschränkung der Berufung sei wegen des Fehlens von Feststellungen zu Wirkstoffgehalt und Qualität der Cracksteine unwirksam.
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs.
Dem weitergehenden Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ist nicht zu entsprechen.
Die vom Revisionsgericht - obwohl vom Revisionsführer nicht gerügt - von Amts wegen zu überprüfende Beschränkung seiner Berufung ist vom Landgericht zu Recht als wirksam beurteilt worden. Ein Rechtsmittel - Berufung wie Revision - kann grundsätzlich wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, § 318 Rdnr. 16m. N. ). Das gilt dann nicht, wenn Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, daß eine getrennte Überprüfung der Strafzumessung nicht möglich wäre, ohne den nicht mitangefochtenen Schuldspruch zu berühren (vgl. z. B. BGH R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 15) - insbesondere, wenn durch die zur Strafzumessung neu zu treffenden Feststellungen der Schuldspruch betroffen sein könnte -, wenn auf der Grundlage der Feststellungen gegen den Angeklagten überhaupt keine Strafe verhängt werden könnte (vgl. BGH R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 12) oder wenn die Schuldfeststellungen widersprüchlich, unklar oder derart unvollständig - "dürftig" - sind, daß sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen (st. Rechtsprechung vgl. z. B. BGH St 33, 59; OLG Hamburg StV 2000, 608). Hieran fehlt es etwa, wenn den tatrichterlichen Feststellungen schon nicht entnommen werden kann, ob der angenommene Tatbestand überhaupt verwirklicht ist (OLG Hamburg a. a. O. ). Sonst gebietet es die dem Rechtsmittelberechtigten in § 318 S. 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung, den in Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich möglichen zu respektieren, kann und darf daher das Rechtsmittelgericht regelmäßig diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird (z. B. BGH St 29, 359 f. /364; BGH R StPO § 318 Strafausspruch 3- Bewährung). Danach führt nicht jeder Mangel des infolge Beschränkung in Rechtskraft erwachsenen Teils, insbesondere auch nicht jede Lücke in den Schuldfeststellungen, zur Unwirksamkeit der Beschränkung (so z. B. für den Fall der Be...