Entscheidungsstichwort (Thema)
Kondizierbarkeit einer Gewährleistungsbürgschaft wegen Unwirksamkeit der Sicherungsabrede
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305 Abs. 1-2, § 306 Abs. 3, § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, §§ 641, 765, 768 Abs. 1 S. 1, § 770 Abs. 2, § 821; VOB/B § 17
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 07.12.2011; Aktenzeichen 11 O 33/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. Dezember 2011 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen hat.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und die zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Streithelferin hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wie auch das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO)
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden.
Das Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet.
Die Klägerin ist nicht berechtigt, die Beklagte auf Zahlung aus der Gewährleistungsbürgschaft (§ 765 BGB) in Anspruch zu nehmen. Denn dem Erfolg ihres Begehrens steht die Einrede der Kondizierbarkeit der Gewährleistungsbürgschaft entgegen, die der Streithelferin als Hauptschuldnerin zusteht und die die Beklagte als Bürgin mit Erfolg geltend machen kann (§§ 768 Abs. 1 Satz 1, 821 BGB).
Denn die der Bürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin ist unwirksam mit der Folge, dass die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund erlangt hat.
Die Klägerin hat mit der Hauptschuldnerin in Ziffer 4. 2 der EVM (B) BVB (Bl. 35 d. A.) eine Sicherheit für die Gewährleistung nach EVM (B) ZVB/E Nr. 22. 2 in Gestalt eines Bareinbehalts von 5% der Abrechnungssumme vereinbart.
Bei dieser Regelung handelt es sich unstreitig um eine allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 BGB), die die Klägerin der Streithelferin auch gestellt hat (§ 305 Abs. 2 BGB).
Denn der Vertrag zwischen Klägerin und Streithelferin (Bl. 150 d. A.), bei dem es sich ebenfalls bereits um ein Formular der Klägerin handelt, bestimmt in Ziffer 2., dass u.a. das Angebot der Streithelferin Vertragsgrundlage sei.
Dem Angebot der Streithelferin lagen wiederum ein Formular der Klägerin (Aufforderung zur Abgabe eines Angebots gemäß EVM (B) A, Bl. 26 ff d. A.), deren Bewerbungsbedingungen und ferner die Besonderen Vertragsbedingungen EVM (B) BVB, die zusätzlichen Vertragsbedingungen EVM (B) ZVB/E und zusätzliche Vertragsbedingung zugrunde.
Das Angebot der Streithelferin weist auf dem ihr klägerseits vorgegebenen Formular EVM (B) Ang (Bl. 31 ff d. A.) darauf hin, dass u. a. die Besonderen Vertragsbedingungen EVM (B) BVB Anlagen des Angebots seien und (Ziffer 1.1, Bl. 32 d. A.) diese dem Angebot zugrunde liegen.
Hiernach lässt der Bauvertrag mit seinem Verweis auf das Angebot des Auftragnehmers nur das Verständnis zu (§§ 133, 157 BGB), dass dem Vertrag die von der Klägerin der Streithelferin vorgegebenen, also gestellten - auf eine Individualvereinbarung beruft sich die Klägerin nicht - Angebotsgrundlagen gleichermaßen zugrunde liegen sollen.
Daher geht das Argument der Klägerin, diese Bedingungen mit der Beklagten nicht vereinbart zu haben fehl.
Die Bestimmungen in Ziffer 4. 2 der EVM (B) BVB (Bl. 35 d. A.) für die Sicherheitsleistung treten ergänzend neben Ziffer 3.3 des Bauvertrags, der hier eine unbefristete Sicherheitsleistung von 5% der Brutto-Abrechnungssumme als Bürgschaft vorsieht, aber ebenso wenig wie die Regelung der Ziffer 17 der Angebots- und Vertragsbedingungen (Bl. 150 R d. A.), bei denen es sich ebenfalls unstreitig um klägerseits gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und wo auf die Geltung des § 17 VOB/B verwiesen wird, die vereinbarte Bürgschaft näher umschreibt oder die Sicherungsabrede konkretisiert.
Deren inhaltliche Ausgestaltung ergibt sich erst aus Ziffer 4.2 der EVM (B) BVB dahin, dass ein Bareinbehalt in Höhe von 5% der Abrechnungssumme vorgenommen werden soll.
Die Vereinbarung eines Gewährleistungseinbehalts von 5% der Auftragssumme in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers benachteiligt den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden (std. Rspr. des BGH, vgl. nur BGH, Urteil vom 2.03.2000 - VII ZR 475/98, NJW 2000, 1863, Juris-Rz. 19; Beschluss vom 24.05.2007 - VII ZR 210/06, NJW-RR 2007, 1319, Juris-Rz. 6), die Vertragsregelung also mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
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