Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltung der Regelung des § 513 II ZPO im Eilverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des § 513 II ZPO, wonach die Berufung nicht auf die fehlende Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gestützt werden kann, gilt auch für das Eilverfahren.

 

Normenkette

ZPO § 513 Abs. 2; UWG § 5

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.05.2016; Aktenzeichen 3-06 O 20/15)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 03.05.2016 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor unter lit. b) der Beschlussverfügung vom 23.03.2015 lautet:

"in den Bedingungen der Inanspruchnahme eines Gutscheins für Angebote für Schuhe, Bekleidung und/oder Accessoires auf ausgenommene Marken hinzuweisen, wie in Anlage AST 6, wenn noch andere Marken von der Inanspruchnahme ausgeschlossen sind."

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313a I 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Berufung kann gemäß § 513 II ZPO nicht darauf gestützt werden, dass das LG seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin, die - für die vergleichbare Vorschrift des § 571 II 1 ZPO - vom OLG Naumburg geteilt wird (Beschluss vom 19.1.2015 - 12 W 95/14, [...]), ist die Vorschrift des § 513 II ZPO auch im Eilverfahren anwendbar; insbesondere wird sie dort nicht durch § 937 I ZPO verdrängt. Die Regelung des § 937 I ZPO bestimmt lediglich, dass für ein Eilverfahren, zu dem ein Hauptsacheverfahren bereits anhängig ist, das Gericht der Hauptsache auch für das Eilverfahren ausschließlich zuständig ist. Verkennt in einem solchen Fall ein angerufenes anderes Gericht diese Regelung und nimmt seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht an, lassen sich dem Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, warum gerade dann die Regelung des § 513 ZPO, mit der eine - für das Eilverfahren besonders bedeutsame - Verfahrensbeschleunigung erzielt werden soll, keine Anwendung finden sollte. Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - ein Fall des § 937 I ZPO nicht einmal gegeben ist.

2. Der Antragstellerin stehen die zuerkannten Unterlassungsansprüche - hinsichtlich b) des Beschlusstenors vom 23.3.2016 in der zuletzt geltend gemachte Form - aus §§ 3 I, 8 III Nr. 1 UWG i.V.m. den nachfolgend genannten weiteren Vorschriften zu.

a) Für die Aktivlegitimation der Antragstellerin nach § 8 III Nr. 1 UWG ist es ohne Bedeutung, ob die Antragstellerin zur Zeit der beanstandeten Verletzungshandlung lediglich einen stationären Einzelhandel in ... betrieben hat. Selbst dann bestand zwischen ihr und der Antragsgegnerin bzw. den im Angebot gemäß Anlage AST 3 genannten Drittanbietern jedenfalls dort ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 I Nr. 3 UWG. Ein solches regional beschränktes Wettbewerbsverhältnis eröffnet die Befugnis, einen sich daraus ergebenden Unterlassungsanspruch bundesweit geltend zu machen (vgl. BGH GRUR 1999, 509 [BGH 10.12.1998 - I ZR 141/96] - Vorratslücken).

Wie das LG zutreffend angenommen hat, bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Antragstellerin im Sinne von § 8 IV UWG. Insbesondere reicht hierfür der Umstand, dass die Antragstellerin zur Geltendmachung ihrer Ansprüche durch den selbst nicht nach § 8 III UWG aktivlegitimierten Verband ANWG veranlasst worden ist, nicht aus.

b) Die mit dem Eilbegehren gemäß a) des Beschlusstenors vom 23.3.2016 angegriffene konkrete Verletzungsform (Anlage AST 3) ist irreführend (§ 5 I UWG).

Sie erweckt beim Internetnutzer den - unstreitig unzutreffenden - Eindruck, auch für die dort genannten Angebote eines X-Schuhs des Anbieters "A" bzw. eines Y-Schuhs des Anbieters "B" gelte der angekündigte 20 %-Gutschein. Dieser Fehlvorstellung wird durch die mit dem Wort "hier" verlinkte Erläuterung gemäß Anlage AST 6 nicht entgegengewirkt. Denn der angesprochene Verkehr erwartet hinter diesem Link lediglich nähere Erläuterungen zu dem Gutschein, nicht aber die Aussage, dass entgegen dem für sich klaren Angebot in Anlage AST 3 der versprochene Gutschein für die konkret beworbenen Schuhe tatsächlich gar nicht gewährt wird.

Die hervorgerufene Fehlvorstellung führt zu einer relevanten Irreführung im Sinne von § 5 I UWG. Denn die geschäftliche Entscheidung (§ 2 I Nr. 9 UWG), die durch die unzutreffende Annahme, auf den Preis werde ein Nachlass von 20 % gewährt, beeinflusst wird, liegt schon in der Einleitung des Bestellvorgangs. Es liegt auch kein Fall vor, in dem der Verbraucher wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der zu tätigenden Anschaffung die Bestellung ausnahmsweise erst dann ausführt, wenn er sich ausführlich mit allen weiteren zugänglichen Informationen des Angebots befasst hat (vgl. hierzu BGH GRUR 2015, 398 - Schlafzimmer komplett). Auch wenn der Nutzer vor dem endgülti...

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