Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafte Anlageberatung bei einem Medienfonds: Schadensmindernde Anrechnung von Steuervorteilen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn ein Anleger in den ersten Jahren der Fondslaufzeit Verlustzuweisungen über der geleisteten Bareinlage erlangt hat, kommt eine schadensmindernde Anrechnung der dadurch begründeten Steuervorteile dann nicht in Betracht, wenn ihm unter Berücksichtigung der steuerlichen Nachteile aus den in den Folgejahren erlangten Gewinnzuschreibungen des Fonds und aus der künftigen Versteuerung der Ersatzleistung keine außergewöhnlich hohen Vorteile mehr verbleiben (hier: VIP 2 Medienfonds).

2. Die Kenntnis des Geschädigten, dass die Bank "etwas verdient", begründet nicht die Voraussetzungen des subjektiven Verjährungsbeginns i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinsichtlich des Schadensersatzes wegen Verletzung der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen. Dies ist nur dann der Fall, wenn dem Anleger zudem bewusst oder grob fahrlässig unbekannt geblieben ist, dass die Bank ihre Gewinne durch Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Positionen - wie dem Agio - erzielt.

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, §§ 249, 280; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.06.2012; Aktenzeichen 2-25 O 324/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.6.2012 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. - Az. 2-25 O 324/10 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.000 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.8.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 2 im Nennwert von insgesamt 50.000 EUR resultieren und die ohne Zeichnung dieses Fondsanteils nicht eingetreten wären.

Die gesamte vorstehende Verurteilung erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger am 30.9.2002 gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 2 im Nennwert von 50.000 EUR sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 2 im Nennwert von 50.000 EUR sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz hat der Kläger 25 % und die Beklagte 75 % zu tragen. Von den Kosten der Berufungsinstanz hat der Kläger 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seiner Kommanditbeteiligung an der VIP Medienfonds 2 (im Folgenden: VIP 2) auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger zeichnete nach entsprechender Beratung eines Mitarbeiters der Beklagten am 30.9.2002 eine Beteiligung an dem Filmfonds VIP 2 im Nennwert von 50.000 EUR zzgl. Agio i.H.v. 3 % (Anlage K1). Konzeptionsgemäß erbrachte der Kläger eine Bareinlage i.H.v. lediglich 55 % der Zeichnungssumme (27.500 EUR) zzgl. des Agio (1.500 EUR). Die restlichen 45 % sollten in den Folgejahren aus Gewinnen der Gesellschaft dem Kapitalkonto des Klägers gutgeschrieben werden. Im Handelsregister wurde eine Haftsumme i.H.v. 103 % des Zeichnungsbetrages (= 51.500 EUR) eingetragen.

Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts (Anlage K2) sollten 8,90 % des Kommanditkapitals sowie das Agio i.H.v. 3 % für die Eigenkapitalvermittlung an die VIP. AG fließen (Anlage K2, Seite 34 f.). Die Beklagte hatte mit der VIP. AG eine Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung getroffen, nach der die Beklagte eine Provision i.H.v. 8,25 % auf die jeweils vermittelte Zeichnungssumme (ohne Agio) erhielt (Bl. 68 d.A.; Anlage B6). Hierüber wurde der Kläger in den mündlichen Beratungsgesprächen nicht unterrichtet.

Das Beratungsgespräch wurde anhand des Verkaufsprospekts geführt, wobei dem Kläger der Prospekt jedoch erst einen Tag nach der Zeichnung übersandt wurde (Bl. 17 und Bl. 19 d.A.).

Der Kläger erhielt im Jahr 2002 aus seiner Kommanditbeteiligung eine Verlustzuweisung i.H.v. 46.085 EUR (Bl. 275a d.A. und Anlagen K1d) und im Jahr 2003 i.H.v. 618 EUR (= 1,2 % des Nominalkapitals, Bl. 276 d.A.).

In den Jahren 2004 bis 2009 erhielt er hingegen konzeptionsgemäß Gutschriften auf seinem Kapitalkonto, die er als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern hatte. In den Steuerbescheiden des Klägers für die Jahre 2004 bis 2009 wurden aus dem in Rede stehenden Fonds Einkünfte i.H.v. insgesamt 17.803 EUR angesetzt (Anlagen K1d).

Der Kläger hat - neben anderen Beratungsfehlern - u.a. geltend gemacht, die Beklagte habe ihn pflichtwidrig nicht über die an sie geflossenen Rückvergütungen unt...

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