Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsinteresse bei Zukunftsschäden

 

Leitsatz (amtlich)

Die ursprünglich zulässige Feststellungsklage wird nicht dadurch unzulässig, dass im Verfahren ein Teilurteil hinsichtlich der Zukunftsschäden ergeht und die eingetretenen Schäden bezifferbar sind.

 

Normenkette

ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 12.07.2013; Aktenzeichen 8 O 274/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Darmstadt vom 12.7.2013 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom ... 1.2012 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 961,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 8.1.2013 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 16.019,52 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt mit der Klage die Feststellung von Schadensersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall vom ... 1.2012 in O1, bei dem die Klägerin als Fußgängerin durch das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Kraftfahrzeug verletzt wurde. Die Klägerin erlitt Wirbelfrakturen, eine Nasenbeinfraktur, Rippenprellungen und Hautabschürfungen. Eine Operation hinsichtlich der Wirbelfrakturen musste nicht erfolgen. Ab dem 27.3.2012 konnte die Klägerin ihr duales Studium bei der A wieder aufnehmen. Vom 29.4. - 5.5.2012 befand sie sich wegen HWS-Schmerzen in stationärer Behandlung. Am 28.6.2012 unterzog sich die Klägerin einer Nasenoperation, die unter dem 12.5.2013 wiederholt werden musste.

Die Klägerin nahm außerdem wegen der Wirbelkörperfrakturen an zahlreichen Rehabilitationsmaßnahmen teil, die nach den vorgelegten Unterlagen jedenfalls bis Ende 2012 andauerten.

Mit Schreiben vom 23.2.2012 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten erste Ansprüche auf Schmerzensgeld, vermehrte Bedürfnisse und Haushaltsführungs-Schaden geltend und verlangte 7.344 EUR. Auf diesen Betrag zahlte die Beklagte einen Betrag von 7.000 EUR. Mit Schreiben vom 15.8.2012 forderte die Klägerin die Beklagte auf, eine Titel ersetzende Haftungserklärung abzugeben und bezifferte, nachdem zwischenzeitlich die Nasenoperation erfolgt war, den Gesamtschaden auf 20.054,50 EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 7 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 29.8.2012, dass sie insgesamt lediglich einen Betrag von 5.862,28 EUR akzeptiere, weshalb durch die Zahlung von 7.000 EUR ein angemessener Ausgleich erfolgt sei. Die Abgabe einer Haftungserklärung zur Feststellung ("Feststeller") hielt die Beklagte mangels Vorliegens eines Dauerschadens für nicht erforderlich.

Nachdem die Klägerin mit der Klage die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten verlangt hatte, hat diese den Anspruch teilweise hinsichtlich der zukünftigen Schäden anerkannt, weshalb insoweit Teilanerkenntnis des LG am 20.2.2013 ergangen ist.

Das LG hat durch das angefochtene Urteil, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie der dort gestellten Anträge Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.

Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Klage nicht zulässig sei. Nachdem wegen der Zukunftsschäden das Teilanerkenntnis ergangen sei, könne die Klägerin wegen der bereits eingetretenen Schäden nicht mehr Feststellung verlangen, sondern müsse wegen der Exklusivität der Leistungsklage eine solche erheben. Ihr fehle deshalb das Rechtsschutzbedürfnis. Dass die Klägerin die Ansprüche für die Vergangenheit beziffern könne, folge bereits aus dem Berechnungsschreiben. Aus einem Feststellungsurteil könne auch keine Rechtssicherheit hinsichtlich der in der Vergangenheit entstandenen Schäden geschaffen werden, weil die Beklagte inhaltliche Einwände gegen die Berechnung der Klägerin erhoben habe, die sich nicht auf die Haftungsquote, sondern auf den entstandenen Schaden an sich bezögen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der diese ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt und darauf hinweist, dass es vorliegend lediglich um die Sicherung des Stammrechts gehe, das weder teilbar noch von der Beklagten außergerichtlich oder gerichtlich ausreichend anerkannt worden sei.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass die Klägerin ohne weiteres zur Bezifferung ihrer Ansprüche in der Lage sei. Die Klägerin müsse auch nachweisen, dass sich ein Schaden noch in der Entwicklung befinde. Da die wesentlichen Schäden der Klägerin bereits bezifferbar gewesen seien, habe die Erhebung der Feststellungsklage auch nicht vor der Einrede der Verjährung s...

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