Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Bildberichterstattung
Normenkette
BGB § 823; GG Art. 1-2; KUG § 23 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.06.2019; Aktenzeichen 2-03 O 199/18) |
Tenor
Prozesskostenhilfeantrag für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH mit Beschluss vom 14.6.2022, Az. VI ZA 29/21, abgelehnt.
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.6.2019 - Az. 2-03 O 199/18 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils von ihr beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf insgesamt EUR 30.000,- (Berufung der Klägerin: EUR 25.000,-, Berufung der Beklagten: EUR 5.000,-) festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Geldentschädigung und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch wegen einer sie aus ihrer Sicht identifizierenden Berichterstattung in dem auf der von der Beklagten betriebenen Webseite www.a.de am XX.XX.2017 (Jahreszahl berichtigt - die Red.) veröffentlichten Beitrag unter der Überschrift "Gesucht! Wer kennt diese G20-Verbrecher? Sachdienliche Hinweise bitte an die nächste Polizeidienststelle."
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung in Höhe von EUR 5.000,- sowie weitere EUR 492,54 jeweils nebst Zinsen zu zahlen.
Hiergegen habe beide Parteien Berufung eingelegt.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung weiterhin Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens EUR 30.000,-. Sie rügt das Bestehen eines krassen Missverhältnisses zwischen der Schwere der Rechtsverletzung und der Höhe der zuerkannten Entschädigung. Diese liege nur knapp über der Untergrenze für Geldentschädigungen und werde dem Umstand nicht gerecht, dass für die konkrete Bestimmung der Höhe des Anspruchs sämtliche Merkmal der schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung heranzuziehen seien. Der zugesprochene Betrag werde der Schwere der Rechtsverletzung bzw. dem besonderen Unrechtsgehalt auch im Vergleich zu anderen Fällen in dieser Höhe in keiner Weise gerecht. Zudem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft das verhängte Ordnungsgeld gegen die Beklagte auf die Entschädigung angerechnet. Außerdem habe das Landgericht den Sachvortrag der Klägerin völlig außer Betracht gelassen, dass sie sogar von Polizisten auf die Berichterstattung der Beklagten angesprochen worden sei. Schließlich habe das Landgericht das schwere Verschulden der Beklagten und die Rolle des Chefredakteurs nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiter. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht der Klägerin einen Geldentschädigungsanspruch zugesprochen. Die angegriffene Berichterstattung der Beklagten verletze die Klägerin nicht in ihrem Persönlichkeitsrecht. Das Landgericht habe die Bedeutung des Gesamtzusammenhangs für das öffentliche Interesse an der Tat der Klägerin verkannt wie auch die Bedeutung der fehlenden Erkennbarkeit der Klägerin für die Öffentlichkeit. Rechtsfehlerhaft gehe das Landgericht von einer verfrühten Berichterstattung durch die Beklagte aus. Ein weiterer Rechtsfehler des Landgerichts liege darin, dass es von einem eigenen Fahndungsaufruf der Beklagten ausgehe. Zudem habe es bei der Interessenabwägung das Leugnen ihrer Tat durch die Klägerin nicht berücksichtigt. Ferner habe das Landgericht verkannt, dass die angegriffene Berichterstattung erst recht keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin bewirke, wie sie für einen Geldentschädigungsanspruch erforderlich sei. Fehlerhaft habe das Landgericht die Textberichterstattung dahin ausgelegt, dass gegenüber der Klägerin ein über den Diebstahl hinausgehender Vorwurf erhoben werde. Ebenso habe es die Bild-Unterschrift ("Wochenend-Einklau") fehlerhaft gewürdigt. Rechtlich fehlerhaft sei auch die Anwendung der §§ 131 ff StPO auf die Beklagte. Ein weiterer Rechtsfehler liege in der falschen Würdigung der Folgeberichterstattung der Beklagten vom XX.XX.2018. Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass es an einer anderweitigen Ausgleichsmöglichkeit fehle.
II. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 ZPO).
Die Be...