Leitsatz (amtlich)
Zu den wechselseitigen Ansprüchen der Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Rückabwicklung eines nichtigen Kaufvertrags über eine Steuerberaterpraxis.
Normenkette
BGB §§ 138, 812, 818
Verfahrensgang
LG Gießen (Aktenzeichen 3 O 645/96) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien streiten klagend und widerklagend um gegenseitige Ansprüche im Zusammenhang mit der Rückabwicklung eines nichtigen Kaufvertrages über eine Steuerberaterpraxis.
Der Beklagte erwarb vom Kläger mit "Praxisübergabevertrag" vom 30.9.1995 dessen Steuerberaterpraxis in O1. Die Praxis war danach dem Beklagten zum 1.1.1996 zu übergeben. Als Kaufpreis vereinbarten die Parteien 925.000 DM. Hierauf zahlte der Beklagte an den Kläger zum ersten Fälligkeitstag der ersten Rate einen Betrag von 400.000 DM.
Mit der am 29.1.1997 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Zahlung eines Teilbetrages des offenen Kaufpreisrestes i.H.v. 62.500 DM verlangt. Hilfsweise hat er darüber hinaus später beantragt, den Beklagten zur Herausgabe der von ihm betriebenen Steuerberaterkanzlei zu verurteilen, sowie ihm eine Frist zur Herausgabe zu setzen und den Beklagten nach deren fruchtlosen Ablauf zur Zahlung von 525.000 DM (268.428,23 EUR) zu verurteilen. Mit der am 5.3.1997 erhobenen Widerklage hat der Beklagte vom Kläger die Rückzahlung der Kaufpreisanzahlung von 400.000 DM (204.516,75 EUR) beansprucht.
Das LG hat durch rechtskräftiges Teilurteil vom 11.2.1998 die Klage "im Hauptantrag" abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass dem Kläger kein Erfüllungsanspruch auf den Kaufpreis aus dem Praxisübergabevertrag zustehe, weil dieser aufgrund einer in § 7 enthaltenen Konkurrenzschutzklausel ohne räumliche Beschränkung sittenwidrig sei.
Die Parteien haben in der nachfolgenden mündlichen Verhandlung vom 20.5.1998 erklärt, dahin einig zu sein, dass zum 30.6.1998 die Rückgabe der Praxis erfolgen soll. Die Parteien haben in der Folgezeit um die Rückgabe des Büroinventars gestritten. Dieses befand sich nicht mehr in den Räumen der ursprünglichen Steuerberaterpraxis. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger müsse das Inventar in seinem, des Beklagten, Privathaus abholen. Am 17.7.1998 hat der Beklagte dem Kläger einen Teil, nämlich 257, der zur Praxis gehörenden Aktenordner übergeben. Die Übergabe der restlichen Akten hat er von der Abholung des Inventars durch den Kläger abhängig gemacht. Der Beklagte hat seine Mandanten mit einem Rückschreiben davon unterrichtet, dass der Kläger ihre Beratung wieder übernehmen wolle und sie befragt, ob sie zum Kläger zurückkehren wollten. Dazu hat sich nach dem Vortrag des Beklagten keiner der Mandanten bereit erklärt. Eine Mandantenliste wurde dem Kläger entgegen dessen Aufforderung nicht übergeben. Der Kläger hat dem Beklagten am 31.8.1998 eine letzte Frist zur Übergabe des Inventars gesetzt, die erfolglos verstrichen ist.
Im darauffolgenden Verhandlungstermin vor dem LG am 23.9.1998 hat der Kläger seinen Antrag, dem Beklagten eine Frist zur Herausgabe der Praxis verbunden mit einer Verurteilung zum Ersatz des Wertes i.H.v. 525.000 DM nach fruchtlosem Fristablauf zu setzen, aufrecht erhalten. Der Beklagte hat den Widerklageantrag i.H.v. 400.000 DM mit der Begründung aufrechterhalten, dass die Praxis keinerlei Wert gehabt habe.
Das LG hat durch den am 21.10.1998 verkündeten Beweisbeschluss Beweis erhoben, "über den objektiven Wert der Nutzung der Steuerberaterkanzlei durch den Beklagten in dem Zeitraum vom 1.1.1996 bis Oktober 1998" durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen C. Durch weiteren Beweisbeschluss vom 23.5.2002 hat das LG Beweis erhoben, "über den objektiven Wert des vom Kläger auf den Beklagten übertragenen Mandantenstammes zum Zeitpunkt der Übergabe am 1.1.1996" gleichfalls durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen C. Wegen der vom Sachverständigen C erstellten Gutachten, Ergänzungsgutachten und deren mündliche Erläuterungen wird auf die Bezugnahmen auf S. 5 f. des angefochtenen Urteiles verwiesen.
Der Kläger hat im Termin am 14.4.2004 die Klage dahin geändert, dass der Beklagte nur zur Zahlung von 525.000 DM (268.428,23 EUR) zu verurteilen sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das LG hat durch Schlussurteil vom 15.9.2004 die Klage abgewiesen und der Widerklage i.H.v. 19.231,73 EUR stattgegeben, weil dem Beklagten nach saldierender Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung ein Überschuss in dieser Höhe zustehe. Der Kläger könne als Nutzungsersatz den objektiven Nutzungswert für die Praxis i.H.v. 232.635 DM beanspruchen, welchen der Sachverständige nach dem Ertragswertverfahren ermittelt habe. Der Kläger könne ferner einen Betrag von 129.751 DM als Wertersatz für den nicht mehr zurückgebbaren Mandantenstamm aus § 818 Abs. 2 BGB beanspruchen. Beide Ansprüche bestün...