Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Unverzüglichkeit der Rüge nach § 377 HGB

 

Normenkette

HGB § 377

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Entscheidung vom 01.04.2015; Aktenzeichen 12 O 5/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.4.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden - 1. Kammer für Handelssachen - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das vorliegende wie auch das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 80.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Kaufvertrag über die Lieferung von Beton.

Die Beklagte bestellte mit Schreiben vom 23.7.2012 (Bl. 14 f. d.A.) "Beton nach Eigenschaften, DIN EN 206-1/DIN 1045-2" mit der Körnung 0-16, XC4, XF1, XM1, WU, Konsistenz F4, für ein Bauvorhaben "A" in Stadt1. Die Bestellung enthält - neben anderen Hinweisen bzw. Anforderungen den Zusatz: "geeignet für maschinell geglättete Betonböden mit direkt genutzter Oberfläche". Die Auftragsbestätigung vom 30.7.2012 (Anlage K2, Bl. 16 f. d.A.), die auf "den uns erteilten Auftrag" Bezug nimmt, weist lediglich eine Artikelbezeichnung aus. Weitergehende Hinweise, insbesondere der Zusatz "geeignet für maschinell geglättete Betonböden mit direkt genutzter Oberfläche" fehlen.

Die Klägerin lieferte den Beton am 9.8.2012 auf die Baustelle. Die Lieferscheine (vgl. Bl. 561 ff. d.A.) enthielten den Zusatz: "geeignet für maschinell geglättete Betonböden mit direkt genutzter Oberfläche" ebenfalls nicht. Die Beklagte bearbeitete den gelieferten Beton für die Errichtung eines Hallenbodens der Industriehalle A-Allee in Stadt1, die sich im Eigentum des Malerbetriebs B GmbH befindet. Diese hatte Herrn X, X System Hallen eK, als Generalunternehmer mit der Hallenerrichtung beauftragt. In einer - in der zur Akte gereichten Fassung undatierten - E-Mail (Anlage B29, Bl. 641 d.A.) des Herrn B an Herrn X heißt es auszugsweise: "Ich sende dir mal ein Video von der Oberfläche. Von diesen Löchern gibt es Tausende die du so rauspulen kannst.". Die X Systemhallen e.K. leitete diese E-Mail am 21.8.2012 an die Beklagte weiter (Anlage B29, Bl. 640 f. d.A.). Bei einer vom Privatsachverständigen der Beklagten D ausweislich des vorgelegten Gutachtens (Bl. 73 ff. d.A.) am 23.8.2012 durchgeführten Ortsbesichtigung war als Vertreter der Klägerin der erstinstanzlich vernommene Zeuge C zugegen. Mit E-Mail vom 23.8.2012 (Anlage B31, Bl. 666 f. d.A.), gerichtet an die Herren C und F, teilte die Beklagte unter Bezugnahme auf den Ortstermin mit, es sei der Mangel "Sehr hoher Anteil an Holzkohlestücke in der maschinell geglätteten Beton-Oberfläche" festgestellt worden und forderte zur Vorstellung eines Sanierungskonzepts bis 28.8.2012 auf. Am 27.8.2012 machte die Beklagte einen Sanierungsvorschlag, den sie - wie sich aus dem Schreiben vom 12.9.2013 (Bl. 55 f. d.A.) ergibt - auch nach Erhebung der mit anwaltlichem Schreiben vom 6.9.2012 (Anlage B1, Bl. 51 ff. d.A.) erhobenen konkreten Mängelrügen aufrechterhielt.

Am 14.2.2013 leitete die Firma B GmbH beim Landgericht Stadt1 ein selbständiges Beweisverfahren über Mängel des Hallenbodens der Industriehalle A-Allee gegen Herrn X, X Systemhallen e.K., vor dem Landgericht Stadt1 ein (Aktenzeichen .../13). Nachdem der Beklagten der Streit verkündet worden war, trat diese dem selbständigen Beweisverfahren bei und verkündete ihrerseits der Klägerin den Streit, die gleichfalls auf Seiten des Antragsgegners beitrat. Im selbständigen Beweisverfahren erstattete der Sachverständige E am 19.12.2013 ein Gutachten zur Frage der organischen Einschlüsse und deren Beseitigung sowie zur Frage der Rissbildung und deren möglicher Beseitigung (vgl. Anlage B24, Bl. 244 d.A.), das er unter dem 24.10.2014 ergänzte (vgl. Anlage B25, Bl. 367 ff. d.A.).

Die Klägerin hat behauptet, der von ihr gelieferte Beton sei mangelfrei. Hinsichtlich des Anteils der organischen Bestandteile (Kohleeinschlüsse) seien die Grenzwerte der entsprechenden DIN-Norm, nach der sich die Beschaffenheit richte, nicht überschritten worden. Die DIN-Norm lasse organische Bestandteile bei den Zuschlägen (Sand und Kies) ausdrücklich zu. Darüber hinausgehende Anforderungen an den Beton, insbesondere der Ausschluss organischer Bestandteile, seien nicht vereinbart worden. Der Zusatz "geeignet für maschinell geglättete Betonböden mit direkt genutzter Oberfläche" stelle keine zusätzliche Vorgabe hinsichtlich der Begrenzung leichtgewichtiger organischer Bestandteile dar.

Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, die Beklagte hätte Mängel des Betons nach § 377 HGB schon deshalb rügen müssen, weil sich aus den Lieferscheinen keine ...

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