Leitsatz (amtlich)
1. Zwischen mehreren auf gleicher Stufe stehenden Sicherungsgebern besteht eine Ausgleichsverpflichtung nach den Regeln über die Gesamtschuld.
2. Die Ausgleichsverpflichtung berechnet sich nach dem Verhältnis der Haftungshöchstbeträge, wie sie in den jeweiligen Sicherungsvereinbarungen mit dem Kreditgeber übernommen werden.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 27.07.2004; Aktenzeichen 17 O 304/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 27.7.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Klägerin nur zu einem Anteil von 21 % freizustellen hat.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu 75 %, die Klägerin hat sie zu 25 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
1. Die X Bank AG hatte dem Ehemann der Klägerin mehrere Kredite gewährt. Zur Sicherung der Ansprüche der Bank gegen den Kreditnehmer bestellte die Klägerin im Juli 1996 eine Grundschuld zur Höhe von 500.000 DM nebst Zinsen. Im Mai 1998 übernahm der Beklagte zur Sicherung derselben Darlehensrückzahlungsansprüche eine selbstschuldnerische Bürgschaft.
Im März 2003 kündigte die Bank zwei der drei für den Ehemann der Klägerin eingerichteten Darlehenskonten. Mittlerweile betreibt sie die Zwangsversteigerung des Grundstückes der Klägerin.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten anteilige Freistellung, daneben Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Freistellungsverpflichtung. Das LG hat der Klage mit Urt. v. 27.7.2004 stattgegeben. Wegen der von ihm gefundenen Gründe sowie der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf das Urt. v. 28.7.2004 Bezug genommen.
Mit der Berufung trägt der Beklagte vor, die Parteien stünden als Sicherungsgeber nicht auf gleicher Stufe. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Beklagte - wie unstreitig ist - die Bürgschaft erst nachträglich, nämlich für den durch Grundschuld bereits gesicherten Kredit übernommen habe. Die Parteien hafteten auch deshalb nicht gleichrangig, weil die Klägerin - wie ebenfalls unstreitig ist - im Rahmen der Grundschuldbestellung auch die persönliche Haftung für die Darlehensrückzahlung übernommen habe und dadurch neben ihrem Ehemann Hauptschuldnerin geworden sei. Die diesbezügliche sicherungsvertragliche Klausel sei nicht nach § 9 Abs. 2 AGBG unwirksam; denn die Klägerin habe als Ehefrau ein eigenes Interesse an der Kreditgewährung gehabt.
Da die Grundschuld mit einem Haftbetrag von 500.000 DM nebst 16 % Zinsen jährlich seit Juli 1996 und einer einmaligen Nebenleistung i.H.v. 10 % der Grundschuldsumme übernommen worden, die Haftung aus der Bürgschaft aber auf 200.000 DM begrenzt worden sei, könne sich ein etwaiger Haftungsanteil des Beklagten nicht wie vom LG angenommen auf 2/7, sondern nur auf 14 % belaufen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Darmstadt vom 27.7.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Übernahme persönlicher Haftung im Rahmen der Grundschuldbestellung sei nach § 9 AGBG unwirksam. Die Haftungsanteile der Parteien bestimmten sich nach dem Verhältnis der nominalen Höchstbeträge der beiderseits gewährten Sicherungen (500.000 DM/200.000 DM).
Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die vor dem Berufungsgericht gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
2. Die Berufung ist nur insoweit begründet, als es die Höhe der Haftungsanteile beider Seiten angeht.
A. Das LG hat dem Grunde nach zutreffend festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin entsprechend §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 BGB - anteilig - ggü. der Darlehensforderung der X Bank AG freizustellen hat.
a) Mehrere auf gleicher Stufe stehende Sicherungsgeber sind untereinander zum Ausgleich entsprechend den für das Gesamtschuldverhältnis geltenden Regeln verpflichtet (BGH v. 29.6.1989 - IX ZR 175/88, BGHZ 108, 179 = MDR 1989, 987; v. 9.10.1990 - XI ZR 200/89, MDR 1991, 337 = WM 1990, 1956; OLG Frankfurt NZG 2002, 482). Denn die von ihnen gewährten Sicherungsmittel verfolgen - auch ungeachtet im Einzelfall gänzlich unterschiedlicher Art und Ausgestaltung - einen gemeinsamen Zweck, den Zweck der Sicherung der Hauptschuld.
b) Die Parteien sind in diesem Sinne auf gleicher Stufe stehende Sicherungsgeber; Grundschuld und Bürgschaft sind nämlich von Gesetzes wegen gleichstufige Sicherungsmittel (BGH v. 24.9.1992 - IX ZR 195/91, MDR 1993, 232 = WM 1992, 1893; OLG Frankfurt NZG 2002, 482). Dieser Grundsatz schließt es zwar nicht aus, dass die Beteiligten - sei es im Verhältnis der Sicherungsgeber untereinander, sei es im Verhältnis eines Sicherungsgebers zur Bank - abweichende Regelungen treffen (BGH v. 9.10.1990 - XI ZR 200/89, MDR 1991, 337 = WM 1990, 1956; v. 24.9.1992 - IX ZR 195/91, MD...