Leitsatz (amtlich)

Zug-um-Zug-Verurteilung bei Ansprüchen aus einer global verbrieften Inhaberschuldverschreibung.

 

Normenkette

BGB §§ 793, 797; DepotG § 29a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 O 278/04)

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen von der Beklagten Zahlung der Nennbeträge und der Zinsen aus verschiedenen Staatsanleihen, die die Beklagte in den Jahren 1998 bis 2000 begeben hat. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Frankfurt/M. vom 20.4.2007 (Bl. 387 ff. d.A.) verwiesen.

Das LG hat die Beklagte verurteilt, an die Kläger die im o.g. Tenor genannten Beträge gegen Aushändigung der Wertpapiere bzw. gegen Übertragung der im Depot der Kläger verwahrten Miteigentumsanteile an den global verbrieften Schuldurkunden zu zahlen.

Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie die Abweisung der Klage erreichen will. Sie wirft dem LG vor, die Voraussetzungen des Staatsnotstands in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht verkannt zu haben. Das LG habe übersehen, dass es sich bei der argentinischen Notstandsgesetzgebung um Eingriffsnormen handelt, die von deutschen Gerichten nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts zwingend zu beachten seien. Die Vorgehensweise der Kläger sei sittenwidrig beziehungsweise treuwidrig, weil die bevorzugte Behandlung von sog. Altgläubigern den Sanierungsprozess Argentiniens gefährde. Die uneingeschränkte Verurteilung der Beklagten verletze ihre Rechte aus § 797 BGB. Die Beklagte müsse im Vollstreckungsverfahren befürchten, mehrfach aufgrund der streitbefangenen Inhaberverschreibungen in Anspruch genommen zu werden.

Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen. Sie vertreten die Auffassung, dass § 797 BGB nur die besondere Ausgestaltung des Rechts des Ausstellers auf eine Quittung statuiere. Vor diesem Hintergrund müsse keine Zug um Zug Verurteilung ausgesprochen werden.

II.1. Die Berufung hat in der Hauptsache keinen Erfolg. Die Beklagte schuldet den Klägern Nennwert und verbriefte Zinsen in zuerkannter Höhe. Der Anspruch ergibt sich aus § 793 BGB i.V.m. den Anleihebedingungen zu den streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibungen.

Das BVerfG hat im Beschluss vom 8.5.2007 klargestellt, dass keine Regel des Völkerrechts feststellbar ist, die einen Staat ggü. Privatpersonen berechtigt, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise zu verweigern (Az.: 2 BvM 1-5/03, NJW 2007, 2610). Damit ist der Argumentation der Beklagten in der Berufungsbegründung im Wesentlichen der Boden entzogen worden.

Die Argumente der Beklagten zur Maßgeblichkeit ihrer Notstandsgesetzgebung sind vom Senat bereits in früheren Entscheidungen ausführlich behandelt und zurückgewiesen worden. Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung der Beklagten zur Maßgeblichkeit ihrer Moratoriumsgesetze auch in der wissenschaftlichen Diskussion abgelehnt wird (vgl. Mankowski, Anmerkung zur Senatsentscheidung vom 13.6.2006 (8 U 107/03) in: WuB VII C Art. VIII IWF-Abkommen Nr. 1.07; Schefold IPrax 2007, 313, 319). Gleiches gilt für ihren Vortrag zu §§ 138, 242 BGB, weil die hiesige Konstellation mit den von der Beklagten herangezogenen Gesichtspunkten, etwa der sog. "Akkord-Störer" - Entscheidung des BGH, nicht vergleichbar ist. Der Senat hat sich mit dieser Problematik schon in der Ausgangsentscheidung vom 13.6.2006 auseinandergesetzt (8 U 107/03, NJW 2006, 2931; vgl. auch Cranshaw DZWiR 2007, 133, 140). Hierauf wird verwiesen.

2. Das Rechtsmittel der Beklagten hat insoweit Erfolg, als sie auf ihre Einrede hin nur Zug - um - Zug gegen Aushändigung der Wertpapiere bzw. gegen das Angebot auf Übertragung (Abtretung) der Miteigentumsanteile an den global verbrieften Inhaberschuldverschreibungen zahlen muss (§ 797 BGB). Der Senat orientiert sich an der in der bürgerlichrechtlichen Literatur zu § 797 BGB vertretenen Auffassung, wonach diese Vorschrift dem Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht gewährt, weswegen er nur Zug um Zug gegen Aushändigung der Urkunden verurteilt werden kann (Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, Rz. 1 zu § 797 BGB; Staudinger - Marburger, BGB, 2002, Rz. 3 zu § 797; MünchKomm/BGB/Hüffer, 4. Aufl., Rz. 2 zu § 797 BGB; Bamberger/Roth, BGB, Rz. 1 zu § 797; Prütting - Buck-Heeb, BGB, Rz. 1 zu § 797).

Es trifft zu, dass die Aushändigungspflicht nach § 797 ZPO in der zivilprozessualen Literatur und Rechtsprechung lediglich als besondere Form der Quittungserteilung verstanden wird, mit der Folge, dass § 756 ZPO nicht eingreift (Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., Rz. 4 zu § 756 BGB; Stein-Jonas - Münzberg, ZPO, 22. Aufl., Rz. 18 zu § 726 BGB; Wiezcorek/Schütze/Salzmann, ZPO, Rz. 3 zu § 756; Gottwald, Zwangsvollstreckung, 5. Aufl., Rz. 14 zu § 726 ZPO; Schuschke-Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtss...

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