Leitsatz (amtlich)
Zur Überprüfbarkeit der Nominierungsgrundsätze des Deutschen Olympischen Sportbundes im Rahmen einer einstweiligen Verfügung eines Athleten, der seine Nominierung zu den Olympischen Sommerspielen 2008 durchsetzen will.
Normenkette
BGB § 242; GG Art. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-19 O 210/08) |
Gründe
I. Der Verfügungskläger, 15-maliger deutscher Meister - zuletzt 2008 - in der Leichtathletikdisziplin Dreisprung, begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Verpflichtung des Verfügungsbeklagten, ihn für den Leichtathletikwettbewerb Dreisprung zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking zu nominieren, die von dem Verfügungsbeklagten mit der Begründung verweigert worden ist, der Verfügungskläger habe die sportlichen Nominierungskriterien nicht erfüllt.
Nach Ziff. 2.2 der von dem Verfügungsbeklagten im vergangenen Jahr beschlossenen Nominierungsgrundsätze setzt die namentliche Benennung für die Olympiamannschaft in Peking den Leistungsnachweis einer "begründeten Endkampfchance" bei den olympischen Wettkämpfen voraus. Entsprechend Ziff. 3. der genannten Nominierungsgrundsätze hat der Verfügungsbeklagte die mit dem DLV e.V. abgestimmten und ausgearbeiteten sportspezifischen Kriterien in den Nominierungsrichtlinien 2008 am 6.12.2007 beschlossen. Als DLV-Olympianorm in der Disziplin Dreisprung für Männer ist darin als Erstnorm eine Weite von 17,10 Meter und als Zweitnorm eine Weite von 2 × 17 Meter vorgesehen. In Ziff. 3.1.2 der Nominierungsrichtlinien 2008 heißt es weiter:
"Die Olympianorm ist dann erfüllt, wenn in den Disziplinen, in denen die erste und zweite Norm benannt ist, beide Normen mindestens je einmal in einer der unter 3.1.1 benannten Veranstaltungen erreicht wurden ...
Im Hoch-, Weit- und Dreisprung gilt die Olympianorm auch dann als erfüllt, wenn nicht die höhere Normanforderung ..., sondern die alternativ benannte Normanforderung erfüllt wurde."
Innerhalb des vorgesehenen Nominierungszeitraums vom 1.3. bis 6.7.2008 erzielte der Verfügungskläger allein auf dem 14. Weseler Springermeeting bei zulässigen Versuchen nur zweimal Werte, mit denen die Zweitnorm erfüllt wurde (im Vorkampf 17 Meter und im Endkampf 17,04 Meter). Bei einem innerhalb der vom DLV bis zum 13.7.2008 verlängerten Frist in Tanger absolvierten Wettbewerb erzielte der Verfügungskläger bei allerdings unzulässigem Rückenwind von 2,3 Meter pro Sekunde eine Weite von 17,09 Meter.
Nachdem der DLV den Verfügungskläger nicht dem Verfügungsbeklagten zur Nominierung vorschlagen wollte, erwirkte der Verfügungskläger einen Beschluss des Deutschen Sportschiedsgerichts vom 19.7.2008, durch welchen der DLV zu einem entsprechenden Vorschlag verpflichtet wurde. Das Schiedsgericht vertrat die Auffassung, die Erfüllung der Zeitnorm erfordere entgegen der Ansicht des DLV nicht die Erreichung der Weite von 17 Metern in zwei verschiedenen Wettkämpfen; es genüge vielmehr, wenn die Norm innerhalb eines Wettkampfs zweimal erfüllt werde.
Nachdem trotz des daraufhin erfolgten Vorschlags seitens des DLV der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger nicht hat nominieren wollen, hat der Verfügungskläger das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren angestrengt.
Erstinstanzlich hat der Verfügungskläger geltend gemacht, ein Verfügungsanspruch ergebe sich aus der von ihm anlässlich der Deutschen Meisterschaften 2008 unterzeichneten Athletenvereinbarung mit dem Verfügungsbeklagten, weil er sämtliche Nominierungsvoraussetzungen erfüllt habe. Ein eventuelles Nominierungsermessen des Verfügungsbeklagten sei unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gleichbehandlung, des Fairplays, seiner Berufsfreiheit sowie der durch eine Nichtnominierung begründeten Diskriminierung auf Null reduziert. Ein Nominierungsanspruch folge daher gleichermaßen sowohl aus § 826 BGB als auch aus Kartellrecht.
Das LG hat - ohne mündliche Verhandlung - den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 22.7.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an einem Verfügungsanspruch fehle. Ein sich eventuell aus der Athletenvereinbarung ergebender vertraglicher Anspruch des Verfügungsklägers scheitere daran, dass der Verfügungsbeklagte das ihm bei der Nominierung der Athleten eingeräumte Ermessen nicht verletzt habe.
Der Verfügungsbeklagte sei an den Vorschlag des DLV nicht gebunden. Die Nominierungsgrundsätze des Verfügungsbeklagten sähen einen solchen Automatismus nicht vor, sondern würden ihm ein eigenes Bewertungsrecht erhalten.
Der Verfügungsbeklagte habe mit der Nichtnominierung auch keineswegs gegen die von ihm selbst gesetzten Richtlinien verstoßen. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Auslegung des Sportschiedsgerichts, wonach die Nominierungsvoraussetzungen bereits dann erfüllt seien, wenn bei nur einem Wettkampf in verschiedenen Durchgängen zweimal die zweite Norm erreicht werde, zutreffend sei. Aber selbst wenn die Voraussetzungen für einen Vorschlag zur Nominierung erfüllt worden seien, habe der Verfügungsbeklagte dem Vorsc...