Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 327 O 427/19) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 05.02.2020 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 13.01.2020 (Az. 327 O 427/19) abgeändert und im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer) verboten,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Honig anzubieten, zu bewerben, zu verkaufen und/oder in den Verkehr zu bringen, wenn dieser in Gläsern abgepackt ist, wie nachstehend eingeblendet:
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2. Die Kosten des Verfahrens 1. und 2. Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf EUR 250.000 festgesetzt.
Gründe
I. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg.
1. Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.
2. Ein Verfügungsanspruch besteht. Die Antragstellerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3, §§ 3, 4 Nr. 3 lit. a) und b) UWG glaubhaft gemacht, so dass ein solcher überwiegend wahrscheinlich besteht. Auf den hilfsweise auf Art. 19 Abs. 1 GGV gestützten Anspruch kommt es nicht an. Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der im vorliegenden Fall nicht widerlegten Dringlichkeitsvermutung gem. § 12 Abs. 2 UWG.
a) Ein materiell-rechtlicher Verfügungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3, §§ 3, 4 Nr. 3 lit. a) und b) UWG ist dargelegt und glaubhaft gemacht (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO). Bezogen auf einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ist es notwendig, aber auch ausreichend, die Verletzungshandlung des Wettbewerbers darzulegen und glaubhaft zu machen, auf die der Unterlassungsanspruch bezogen ist (Schmidt in: Büscher, UWG, 2019, § 12 Rn. 262).
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes in objektiver Hinsicht voraussetzt, dass das nachgeahmte Produkt eine wettbewerbliche Eigenart besitzt. Zudem müssen besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (st. Rspr., BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 22 - Handtaschen, BGH, GRUR 2017, 1135 Rn. 17 - Leuchtballon).
aa) Zunächst ist mit dem Landgericht von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien auszugehen. Die beteiligten Unternehmer müssen gleichartige Waren oder Dienstleistungen anbieten oder das Angebot der Nachahmung muss den Absatz der Originalware oder -dienstleistung beeinträchtigen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG). Dabei sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH, GRUR 2004, 877, 878 - Werbeblocker I; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 2 Rn. 102). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei Konfitüren und Honig um gleichartige Waren, nämlich süße Aufstriche, die die Parteien über Supermärkte jeweils an Endverbraucher abzusetzen versuchen. Substituierbarkeit ist gegeben, weil für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Endabnehmer die angebotenen Produkte austauschbar sind (vgl. hierzu Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 2 Rn. 108a).
bb) Anders als das Landgericht sieht der Senat die wettbewerbliche Eigenart des Verfügungsmusters - "Glück"-Konfitüre - im vorliegenden Fall als hoch an.
(1) Zu Recht ist das Landgericht im Grundsatz davon ausgegangen, dass wettbewerbliche Eigenart vorliegt, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 4 Rn. 3.24). Der Verkehr muss den Hersteller nicht namentlich kennen; er muss aber auf Grund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Produkts annehmen, es stamme von einem bestimmten Hersteller, wie immer dieser heißen möge, oder sei von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in Verkehr ge...