Tenor
Eine Entscheidung über die Zuständigkeit ergeht nicht.
Gründe
Das OLG Hamburg ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen dem AG Hamburg-St. Georg und Münster zuständig, da das im hiesigen Bezirk befindliche AG Hamburg-St. Georg zuerst mit der Sache befasst gewesen ist. Das für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 37 Abs. 1 ZPO erforderliche Gesuch ist hier in dem Vorlagebeschluss des AG Hamburg-St. Georg vom 20.6.2005 enthalten.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen indes nicht vor. Diese Vorschrift verlangt, dass sich die beteiligten Gerichte "rechtskräftig" für unzuständig erklärt haben. Zwar lässt die Rechtsprechung im Interesse einer raschen Klärung negativer Kompetenzkonflikte im Rahmen der analogen Anwendung des § 36 Nr. 6 ZPO die tatsächliche beiderseitige Kompetenzleugnung ausreichen, dies gilt aber nur dann, wenn die Kompetenzleugnungen nicht rein gerichtsintern geblieben sind (BGH v. 27.5.1992 - XII ARZ 12/92, NJW-RR 1992, 1154; v. 8.6.1988 - I ARZ 388/88, MDR 1988, 1029 = NJW 1988, 2739 [2740]; v. 10.12.1987 - I ARZ 809/87, MDR 1988, 470 = NJW 1988, 1794; NJW 1983, 1062; v. 3.5.1978 - IV ARZ 26/78, NJW 1978, 1531; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., 2005, § 36 Rz. 24 f., m.w.N.). Die Unzuständigkeitserklärung muss aber den Beteiligten - zumindest formlos - bekannt gemacht worden sein (st. Rspr. d. BGH; OLG Brandenburg v. 21.6.2000 - 1 AR 37/00, MDR 2000, 1029 = NJW-RR 2001, 429; BayObLGZ 1994, 91 [93]).
Das AG Hamburg-St. Georg hat sich durch begründeten und den Parteien zugestellten Beschl. v. 11.5.2005 (AG Hamburg, Beschl. v. 11.5.2005 - 920 C 192/05) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger und nach Anhörung des Beklagten gem. § 281 ZPO an das AG Münster verwiesen. Die Unzuständigkeitserklärung des AG Münster ergibt sich demgegenüber lediglich mittelbar aus einem Aktenvermerk und der Rückgabeverfügung vom 13.6.2005, die den Beteiligten aber nicht bekannt gemacht worden ist, also nicht nach außen gedrungen und nur ein gerichtsinterner Vorgang geblieben ist. Insoweit liegt keine für das Bestimmungsverfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO taugliche Entscheidung auch des AG Münster vor.
Vorsorglich weist der Senat zur Vermeidung weiteren Zuständigkeitsstreits auf Folgendes hin:
Das AG Münster dürfte örtlich zuständig sein, da es gem. § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO an den Beschluss des AG Hamburg-St. Georg gebunden ist.
Einer der Ausnahmefälle, in denen aus rechtsstaatlichen Gründen (vgl. Art. 20 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 GG) ein Verweisungsbeschluss nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht als verbindlich hingenommen werden kann (BGH NJW 1978, 1163; v. 10.6.2003 - X ARZ 92/03, BGHReport 2003, 1305 = NJW 2003, 3201), liegt nicht vor. Der Verweisungsbeschluss ist nicht willkürlich in dem Sinne, dass er bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erschiene und offensichtlich unhaltbar wäre (BVerfGE 29, 45 [49]; BGH v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, MDR 1993, 576 = NJW 1993, 1273; MDR 1996, 1032; v. 9.7.2002 - X ARZ 110/02, BGHReport 2002, 946 = MDR 2002, 1450 = NJW-RR 2002, 1498; v. 10.6.2003 - X ARZ 92/03, BGHReport 2003, 1305 = NJW 2003, 3201).
Soweit das AG Münster den Verweisungsbeschluss des AG Hamburg-St. Georg deshalb unrichtig erachtet, weil die Gerichtswahl der Kläger im Mahnbescheid endgültig und unwiderruflich und die Verweisung daher grob rechtsirrig erfolgt seien, wird hierdurch die Wirksamkeit und Verbindlichkeit des Verweisungsbeschlusses des AG Hamburg-St. Georg nicht berührt. Unabhängig davon, dass auch eine (etwaige) bloße inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des AG Hamburg-St. Georg allein für eine Durchbrechung des Grundsatzes der Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und zur Aufhebung deren Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht genügte, gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das AG Hamburg-St. Georg quasi sehenden Auges und bewusst die (objektive) Rechtslage verkennend die Verweisung an das AG Münster ausgesprochen hätte. Die von den Klägern getroffene Gerichtswahl war nämlich nicht fehlerfrei und damit auch nicht unwiderruflich und bindend (Zöller/Vollkommer, ZPO; § 35 Rz. 2 f., m.w.N.). Für die Klage auf Zahlung von Anwaltshonorar ist das von den Klägern im Mahnbeschied bestimmte AG Hamburg-St. Georg unter keinem Gerichtspunkt örtlich zuständig, so dass der Antrag der Kläger vom 14.4.2005 auf Verweisung/Abgabe an das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes des Beklagten noch möglich war. Dies hat das AG Hamburg-St. Georg in seinem Vorlagebeschluss vom 20.6.2005 zutreffend ausgeführt. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug auf die dortigen Ausführungen.
Fundstellen
OLGR-Nord 2005, 805 |
www.judicialis.de 2005 |