Leitsatz (amtlich)

1. Über Streitwertbeschwerden in Familiensachen hat der Einzelrichter zu entscheiden.

2. Auch wenn beiden Ehegatten PKH ohne Raten bewilligt worden ist, kann der Mindestwert von 2.000 Euro überschritten werden. Von dem dreimonatigen Nettoeinkommen nach § 12 Abs. 2 S. 2 GKG sind jedoch Unterhaltsverpflichtungen für minderjährige Kinder und Kreditraten abzuziehen, wenn sie die nach § 12 Abs. 2 S. 1 GKG maßgebenden Lebensverhältnisse nachhaltig beeinträchtigt haben.

Hierbei kommt es auf die Verhältnisse bei Antragstellung an.

 

Normenkette

BRAGO § 9; GKG §§ 12, 15, 25; ZPO § 568

 

Verfahrensgang

AG Hamburg (Aktenzeichen 732 F 113/02)

 

Tenor

Die Beschwerde des Rechtsanwalts D. gegen den Streitwertbeschluss des AG Hamburg – FamG – vom 10.12.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Rechtsanwalt D. ist dem Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren beigeordnet worden. Er wendet sich im eigenen Namen gegen die endgültige Festsetzung des Wertes der Ehesache auf 2.045,17 Euro, während das FamG im Beschluss vom 27.9.2002 den Gegenstandswert vorläufig noch auf 4.800 Euro festgesetzt hatte. Dabei war das FamG dem Antrag des Bevollmächtigten des Antragsgegners gefolgt, der das Monatseinkommen der Ehegatten mit 1.600 Euro angegeben hatte.

Dieses Einkommen erzielte der Antragsgegner allein, während die Ehefrau Hilfe zum Lebensunterhalt bezog. Das FamG hat seine von der vorläufigen Festsetzung abweichende Auffassung zwar nicht begründet, der Beschwerdebegründung kann aber entnommen werden, dass es sich von der Erwägung hat leiten lassen, auf den Mindestwert von 4.000 DM (= 2045,17 Euro) abstellen zu müssen, weil beiden Parteien Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden ist.

2. Die Beschwerde ist nach §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG zulässig. Über derartige Streitwertbeschwerden hat gem. § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden. Der Senat hält die Bedenken von Schütt (MDR 2002,986) hiergegen nicht für durchgreifend und folgt der Auffassung des OLG Celle v. 16.10.2002 – 2 W 75/02, OLGReport Celle 2003, 10 = NJW 2003, 367. Nach § 5 Abs. 4 S. 5 GKG sind die für die Beschwerde in der Hauptsache geltenden Vorschriften anzuwenden und damit auch § 568 ZPO, weil in den §§ 5, 25 GKG hierüber nichts Abweichendes bestimmt ist. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er das Hauptsacheverfahren dem Einzelrichter, das Nebenverfahren aber dem besetzten Kollegialgericht hat übertragen wollen.

Der Einzelrichter hat die Sache dem besetzten Senat vorgelegt, weil die Streitwertbemessung in Ehesachen in Fällen der hier zu entscheidenden Art zwischen den OLG und auch zwischen einzelnen Familiensenaten des Hanseatischen OLG umstritten ist (§ 568 S. 2 ZPO).

3. Die Beschwerde ist im Ergebnis nicht begründet.

Allerdings hält es der Senat nicht für zulässig, einen vom Nettoeinkommen losgelösten Mindeststreitwert von 4.000 DM bzw. jetzt 2.000 Euro mit der Begründung anzunehmen, beiden Parteien sei ratenlose Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Das würde einen Zusammenhang von Prozesskostenhilfe und Streitwert voraussetzen, der so im Gesetz keine Stütze findet (Madert, OLGReport Kommentar 2002, 51 [52] unter Hinweis auf Entscheidungen des OLG Celle v. 21.3.2002 – 10 WF 44/02, OLGReport 2002, 153; OLG München v. 27.6.2001 – 16 WF 662/01, FamRZ 2002, 683; OLG Karlsruhe v. 14.12.2001 – 5 WF 190/01, OLGReport Karlsruhe 2002, 223). Der Senat hat aber bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass § 12 Abs. 2 S. 2 GKG nicht unabhängig von einer Einzelfallbetrachtung aller in § 12 Abs. 2 S. 1 GKG aufgeführten Umstände angewendet werden darf.

So sind von dem Nettoeinkommen die Unterhaltsverpflichtungen ggü. minderjährigen Kindern sowie Kreditraten streitwertmindernd zu berücksichtigen, wenn sie die nach § 12 Abs. 2 S. 1 GKG maßgebenden Lebensverhältnissen nachhaltig beeinträchtigen (OLG Hamburg – OLG Dresden, Beschl. v. 21.3.2002 – 12 WF 18/02 und 15.1.2003 – 12 WF 8/03). Hieran ist fest zu halten. Das bedeutet für den vorliegenden Fall:

In dem für die Wertberechnung maßgebenden Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung (vgl. § 15 GKG) hatte der Antragsgegner von seinem Nettoeinkommen von 1.601 Euro Unterhalt für zwei Kinder i.H.v. 518 Euro und Kreditraten von zusammen 274 Euro zu leisten, so dass ihm lediglich 809 Euro blieben. Das in dieser Weise bereinigte Nettoeinkommen von drei Monaten belief sich dann auf 2.427 Euro. Da ein Gebührensprung erst bei 2.500 Euro einsetzt, ist die Beschwerde unbegründet.

Schultz Künkel Bayreuther-Lutz

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105863

FamRZ 2003, 1681

EzFamR aktuell 2003, 271

MDR 2003, 830

OLGR-BHS 2003, 252

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