Leitsatz (amtlich)
Gegen den Beschluss des Familiengerichts, mit dem ein Vormund abgesetzt und dafür ein anderer Vormund eingesetzt wird, ist die Beschwerde des abgesetzten Vormunds zulässig. Das gilt aber nur insoweit, als der abgesetzte Vormund seine Wiedereinsetzung als Vormund erstrebt; unzulässig ist die Beschwerde hingegen, soweit mit ihr erstrebt wird, dass eine dritte Person zum Vormund bestellt wird.
Der Geschäftsführer einer Einrichtung, die Müttern anbietet, ihre neu geborenen Kinder bei ihr abzugeben und dabei die Anonymität der Mutter zu wahren, ist als Vormund für ein bei der Einrichtung abgegebenes Kind nicht geeignet; denn zwischen dem Geschäftsführer des Betreibers einer solchen Einrichtung und dem abgegebenen Kind besteht ein konkreter Interessenkonflikt, weil das Kind ein berechtigtes Interesse an der Deanonymisierung seiner Eltern hat.
Verfahrensgang
AG Hamburg (Beschluss vom 09.12.2013; Aktenzeichen 270 F 226/13) |
Tenor
1. Die Beschwerde vom 18.12.2013 gegen den Beschluss des AG Hamburg, Familiengericht, vom 9.12.2013 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beschwerdeführerin zur Last.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die zunächst vom Familiengericht eingesetzte Vormünderin gegen die mit dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Bestellung einer anderen Vormünderin.
Am 12.11.2013 kam A. auf die Welt. Sie wurde in einer von der X GmbH, deren Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin ist, betriebenen Babyklappe mit einem Schreiben abgegeben, in dem u.a. heißt:
"Meine mama bekommt Subotex deswegen brauche ich es auch. Gibt mir ne gute Familie! Habe hunger und bin Liebesbedürftig!"
A. kam in die Universitätsklinik ... Mit Schreiben vom 18.11.2013 beantragte X, die Beschwerdeführerin zum Vormund für A. zu bestellen. Noch am selben Tag hat das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung eine Vormundschaft angeordnet und die Beschwerdeführerin zum Vormund bestellt. Nach mündlicher Erörterung hat das Familiengericht im Hauptsacheverfahren unter Aufhebung des Beschlusses vom 18.11.2013 eine Vormundschaft angeordnet und eine andere Vormünderin, die die Vormundschaft berufsmäßig ausübt, bestellt. Am 25.12.2013 wurde A. aus dem UKE entlassen; sie lebt seitdem bei ihrer Bereitschaftspflegemutter.
II.1) Die Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist die Beschwerdeführerin beschwerdeberechtigt. Dies gilt aber nur, soweit sie begehrt, die vom Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss eingesetzte Vormünderin abzusetzen und sie, die Beschwerdeführerin, wieder einzusetzen. Insoweit greift der angefochtene Beschluss in ihre Rechtsstellung ein, hebt er doch die zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung der Beschwerdeführerin eingeräumte Stellung als Vormünderin wieder auf. Unzulässig ist die Beschwerde hingegen, soweit sie mit ihrem als Hilfsantrag bezeichneten Begehren erstrebt, wenn nicht sie, so möge Rechtsanwalt Y. aus ... mit der Vormundschaft betraut werden. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein anderer als das Mündel durch die Auswahl des Vormundes in seinen Rechten beeinträchtigt ist, wird nur für den ausgewählten Vormund und die Personen, die nach § 1779 Abs. 2 Satz 2 BGB bevorzugt zu berücksichtigen sind, diskutiert (vgl. Wagenitz in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, Rz. 22 zu § 1779 BGB). Zu diesem Personenkreis gehört die Beschwerdeführerin nicht.
2) Die Beschwerde hat indes in der Sache keinen Erfolg. Das Familiengericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die nunmehrige Vormünderin ausgewählt, denn sie ist besser als die Beschwerdeführerin geeignet, die Vormundschaft zu führen (vgl. § 1779 Abs. 2 BGB). Ihrer Bestellung steht zunächst nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin ausgewählt worden war, denn ihre Bestellung erfolgte im Wege der einstweiligen Anordnung, war damit eine vorläufige Bestellung und ersichtlich dem Umstand geschuldet, schnellstmöglich die medizinische Versorgung für A. sicherzustellen. So ist denn auch vor dem Erlass der einstweiligen Anordnung das Jugendamt nicht angehört worden, was ebenfalls belegt, dass die Auswahl noch gar nicht abgeschlossen war, ist doch gem. § 1779 Abs. 1 BGB der Vormund erst nach Anhörung des Jugendamtes auszuwählen. In der später eingereichten Stellungnahme und in der nicht öffentlichen Sitzung des Familiengerichts vom 3.12.2013 hat das Jugendamt Bedenken gegen die Einsetzung der Beschwerdeführerin als Vormünderin bekundet, denen das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss sodann gefolgt ist.
Und dies hat das Familiengericht zu Recht getan, denn zwischen der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin von X als Betreiber einer Babyklappe und A. besteht ein Interessenkonflikt, und dies ist keineswegs ein nur abstrakter. Es mag wohl sein, dass es eine Vielzahl gemeinsamer Interessen einer Mutter, die sich entschließt, ihr Kind in einer Babyklappe abzugeben, und diesem Kind gibt; sie sind aber nicht deckungsgleich. X, und...