Entscheidungsstichwort (Thema)
"Erstattungsfähigkeit von Kosten des Nebenintervenienten aus einem selbständigen Beweiserverfahren im anschließenden Klagverfahren"
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines Nebenintervenienten aus einem selbständigen Beweisverfahren können auch dann von der kostenpflichtigen Partei des anschließenden Klagverfahrens zu erstatten sein, wenn nur einer der Antragsteller des Beweisverfahrens Partei des Klagverfahrens wird, die Parteirollen der Beteiligten - Angreifer oder Verteidiger - im Klagverfahren und Beweisverfahren verschieden sind und der Streitgegenstand beider Verfahren nur teilweise identisch ist (hier: Verwendung der Erkenntnisse aus dem Beweisverfahren für eine Hilfsaufrechnung gegen die Klagforderung)
Normenkette
ZPO §§ 91, § 485 ff.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 17.01.2014; Aktenzeichen 313 O 144/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg vom 17.1.2014 wird auf ihre Kosten nach einem Streitwert von EUR 1435 zurückgewiesen.
Gründe
I. In dem vorliegenden Verfahren hat die Klägerin den Beklagten auf Bezahlung von Werklohn für die Sanierung eines Dachstuhls in Anspruch genommen. Parallel hierzu haben der Beklagte und seine Ehefrau als Antragsteller gegen die Klägerin als Antragsgegnerin ein selbständiges Beweisverfahren betrieben, mit dem Mängel der Arbeiten der Klägerin und die Höhe etwaiger Mängelbeseitigungskosten festgestellt werden sollten. An beiden Verfahren war die Beschwerdegegnerin als Nebenintervenientin auf Seiten des Beklagten bzw. der Antragsteller des Beweisverfahrens beteiligt.
Der Beklagte hat sich gegen die Werklohnklage u.a. damit verteidigt, dass er mit den Kosten der Mängelbeseitigung hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat (S. 4 des landgerichtlichen Urteils vom 1.11.2013). Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin die Werklohnforderung unabhängig von etwaigen Gegenansprüchen des Beklagten nicht zustehe. Dabei hat es sich auch auf das im Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen. Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention hat es der Klägerin auferlegt.
Die Nebenintervenientin hat u.a. die Festsetzung der ihr im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Anwaltskosten beantragt. Diesem Antrag hat das LG in dem angefochtenen Beschluss entsprochen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin.
II. Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LG die für das selbständige Beweisverfahren geltend gemachten Kosten der Nebenintervenientin, die die Beschwerde der Höhe nach nicht angreift, als erstattungsfähig anerkannt.
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gehören zu den Kosten des Klagverfahrens, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens identisch sind (BGH, Beschluss v. 9.2.2006 zum Aktz. VII ZB 59/05, Rz. 11 m.w.N.; Beschluss v. 8.10.2013, Aktz. VIII ZB 61/12, Rz. 9 m.w.N.; beide zit. nach juris). Es ist unschädlich, wenn nur Teile des Streitgegenstandes des selbständigen Beweisverfahrens auch Gegenstand des Klagverfahrens werden (BGH v. 9.2.2006, a.a.O., Rz. 12). Auch ist es unschädlich, wenn von mehreren Antragsgegnern nur einer anschließend verklagt wird (BGH NJW-RR 2004, 1651). Schließlich ist es nicht erforderlich, dass die Parteirollen - Angreifer oder Angegriffener - im selbständigen Beweisverfahren und im Klagverfahren identisch sind. Erstattungsfähig können auch Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens sein, das sich auf Tatsachen bezieht, die im Klagverfahren der Rechtsverteidigung dienen (Senat, Beschluss v. 26.11.2013 zum Aktz. 8 W 106/13; Zöller/Herget, ZPO;30. Aufl., § 91 Rz. 13 "Selbständiges Beweisverfahren"; OLG Nürnberg JurBüro 1996, 35; OLG Köln, Beschluss v. 9.6.1999 zum Aktz. 17 W 241/98, Rz. 4; vgl. auch im Zusammenhang mit einem Kostenantrag nach § 494a Abs. 2 ZPO: BGH, Beschluss v. 25.8.2005 zum Aktz. VII ZB 35/04, Rz. 9, zit. nach juris). Mit dem Begriff des Streitgegenstandes ist hier nicht der Streitgegenstand im technisch-zivilprozesssualen Sinne gemeint (dies wäre in der Tat nur der Werklohnanspruch der Klägerin, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, s. auch OLG Nürnberg, a.a.O.)
Nach diesen Maßstäben ist hier von einer hinreichenden Identität der Parteien auszugehen, auch wenn nur einer der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens anschließend Beklagter des Klagverfahrens geworden ist. Auch der Wechsel der Parteirollen steht einer Einbeziehung der Kosten des Beweisverfahrens in die Kostenerstattung nicht entgegen. Schließlich besteht eine hinreichende Teilidentität bezüglich des Streitgegenstandes, indem sich der Beklagte mit den Erkenntnissen aus dem Beweisverfahren im Wege der Hilfsaufrechnung gegen die Klagforderung zur Wehr gesetzt hat. Für den Fall, dass sich ein von der beklagten Partei beantragtes selbständiges Beweisverfahren auf eine im anschließenden Klagververfahren erhobenen Widerklag...