Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame elterliche Sorge: Mindestmaß an Übereinstimmung als Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge bei Getrenntleben
Leitsatz (amtlich)
Können Eltern sich nicht darüber einigen, ob für ein Kind relevante Sachverhalte vorliegen, so fehlt damit eine wichtige Voraussetzung für die zur Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge erforderlichen Kommunikation und Kooperation.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Hamburg (Urteil vom 05.04.2007; Aktenzeichen 264 F 245/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen das Verbundurteil des AG Hamburg vom 5.4.2007, Aktenzeichen 267 F 245/05, wird hinsichtlich der Folgesache Sorgerecht zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Die am 20.3.1961 in Hamburg geborene Antragstellerin und der am 19.2.1974 in Lelouma/Guinea geborene Antragsgegner heirateten am 25.4.2002. Sie haben einen am 17.10.2001 geborenen Sohn, der den Familiennamen des Vaters "D." trägt. Er lebt seit der Trennung der Parteien, die nach den Angaben der Mutter im Juni 2003, nach den Angaben des Vaters im März 2005 erfolgte, bei der Mutter.
Am 19.3.2005 wurde anlässlich einer Auseinandersetzung der Eltern die Polizei geholt.
Zur Regelung des Umgangs zwischen Vater und Sohn wurden am 16.8.2005, am 17.10.2005, am 28.11.2005 und am 13.12.2005 jeweils beim Jugendamt Vereinbarungen getroffen. Trotzdem beantragte der Vater mit Schriftsatz vom 24.11.2005 eine gerichtliche Regelung des Umgangs, wobei nach den Feststellungen des Jugendamtes wahrheitswidrig behauptet wurde, dass er zuvor den Sohn nur in Anwesenheit der Mutter habe sehen dürfen.
Nach dem Beratungsgespräch vom 13.12.2005 trug der Vater schriftsätzlich am 20.12.2005 vor, beim Jugendamt sei der Mutter und ihm mitgeteilt worden, dass C. auch bei ihm übernachten dürfe. Das traf nach der Mitteilung des Jugendamtes aber nicht zu.
C. verbringt entsprechend der Vereinbarung alle vierzehn Tage an einem Tag des Wochenendes die Zeit von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr mit seinem Vater.
Die Mutter hat beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge zu übertragen und diesen Antrag wie folgt begründet:
Sie könne mit dem Vater für das Kind wichtige Sachverhalte nicht besprechen. Schon vor der Trennung im Jahr 2002 sei er in Guinea gewesen und nicht absprachegemäß zurückgekehrt, wobei er auch keine Nachricht gegeben habe. Auch in den Jahren 2004 und 2005 jeweils für längere Zeit ohne Absprache nicht erreichbar gewesen.
Als sie in den Sommerferien 2007 für das Kind habe einen Reisepass beantragen wollen, habe der Vater sich geweigert, die notwendige Unterschrift zu leisten, so dass sie eine gerichtliche Regelung habe beantragen müssen.
Sie sei in großer Sorge, dass der Vater das Kind in sein Heimatland oder in anderes Ausland bringen könnte. Während des Zusammenlebens habe er häufig durchblicken lassen, dass er die bundesdeutsche Gesellschaft für sittenlos halte und habe gedroht, er werde dem Sohn bei seiner Familie eine sittlichere Erziehung zukommen lassen. Um der Entführungsgefahr entgegen zu wirken, möchte sie ihm ihren Familiennamen geben.
Der Sohn berichte von häufigen Besuchen der Moschee und habe geklagt, er finde das viele Beten langweilig. Sie sei damit einverstanden, ihm die Kenntnis der Religion des Vaters zu vermitteln, nicht aber damit, dass er vom Vater als Moslem erzogen werde. Es sei aber nicht möglich, mit dem Vater eine Absprache zu erreichen, weil er bestreite, dass er stärker als noch in der Zeit des Zusammenlebens die Regeln des Islam beachte und auch den Sohn dahingehend beeinflusse.
Bei der Übergabe des Kindes am 29.1.2006 habe es eine heftige Auseinandersetzung gegeben, weil der Vater behauptet habe, C. habe eine Verletzung an der Stirn, huste, sei zu klein und zu dünn und unzureichend versorgt. Diesen Streit erwähnte der Vater auch bei einem Gespräch im Jugendamt am 30.1.2006. Ausweislich der Bescheinigung des Kinderarztes vom 30.1.2006 lag bei dem Kind weder eine Verletzung noch ein Infekt vor. Bei einem Gespräch im Jugendamt am 1.3.2006 behauptete der Vater jedoch, es habe keine Auseinandersetzung am 29.1.2006 gegeben.
Der Vater hat dem Sorgerechtsantrag widersprochen. Er wolle für den Sohn auch nach der Scheidung verantwortlich sein und sich an der Erziehung beteiligen. Er habe keine Einwände dagegen, dass der Sohn bei der Mutter aufwachse. Er plane weder, selbst in sein Heimatland zurückzugehen, noch den Sohn dorthin oder sonst von der Mutter weg zu bringen.
Er sei dagegen, dass der Sohn den Nachnamen der Mutter bekomme. Für ihn sei es sehr wichtig, dass der Sohn weiterhin seinen Nachnamen "D." trage. Er könne mit der Mutter die für das Kind wichtigen Dinge absprechen.
Er sei erst im Jahr 2003 in Guinea gewesen und habe wegen einer Infektion nicht wie geplant zurückkehren können. Im Jahr 2004 sei er in Mekka gewesen und habe regelmäßig angerufen. Im Jahr 2005 sei er nicht längere Zeit abwesend gewesen.
Das AG Hamburg hat ...