Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 318 T 141/98)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 18, vom 17.4.2002 aufgehoben und das LG angewiesen, den Anträgen der Antragsteller vom 28.2. und 10.4.2002 auf mündliche Anhörung des Sachverständigen stattzugeben.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gem. § 45 Abs. 1 WEG statthafte sofortige Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache Erfolg.

In Wohnungseigentumssachen können in entsprechender Anwendung der §§ 485 § 494a ZPO selbstständige Beweisverfahren durchgeführt werden (vgl. statt vieler Staudinger-Wenzel, 12. Aufl., WEG §§ 43 ff. Rz. 105; BayObLG WuM 2002, 342). Im Wege der sofortigen Beschwerde gem. § 45 WEG anfechtbar ist im Beweissicherungsverfahren ein Beschluss, durch den ein Antrag auf weitere Beweiserhebung zurückgewiesen wird (vgl. Bärmann/Pick/Merle, 8. Aufl., WEG § 45 Rz. 7; vgl. auch OLG Hamburg WE 1993, 113 [114]). Dies gilt auch, wenn das Gericht, bei dem das Beweissicherungsverfahren anhängig ist, einen Antrag einer Partei auf mündliche Erläuterung des gem. § 485 Abs. 2 ZPO grundsätzlich schriftlich zu erstattenden Gutachten zurückgewiesen hat. Unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO, den das LG allein in Betracht zieht, und der dem Gericht Ermessen einräumt, muss das Gericht auf Antrag einer Partei hin den Sachverständigen, der das Gutachten verfasst hat, zur mündlichen Anhörung laden. Dies folgt aus §§ 402, 397 ZPO; das Gericht hat dabei keinen Ermessensspielraum, denn § 411 Abs. 3 ZPO ist keine abweichende Regelung i.S.d. § 402 ZPO, die die Anwendung der §§ 402, 397 ZPO ausschlösse (vgl. dazu Damrau in MünchKomm/ZPO, § 411 Rz. 11 m.w.N.). Der Antrag einer Partei auf mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens ist lediglich darauf zu überprüfen, ob er rechtsmissbräuchlich gestellt ist. Das ist aber nicht schon dann der Fall, wenn das schriftliche Gutachten dem Gericht vollständig und überzeugend erscheint (vgl. Damrau in MünchKomm/ZPO, § 411 Rz. 12). Für Rechtsmissbrauch fehlt es hier an jedem Anhalt, denn die Antragsteller haben vorliegend die Notwendigkeit der mündlichen Anhörung trotz der ergänzenden Stellungnahmen des Gutachters eingehend begründet. Der Senat konnte daher in der Sache selbst entscheiden und das LG, wie aus dem Tenor ersichtlich, anweisen. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden entspr. § 8 GKG nicht erhoben, außergerichtliche Kosten sind gem. § 47 WEG nicht zu erstatten.

Lassen Puls Stöger

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105825

ZMR 2002, 963

WuM 2003, 114

OLGR-BHS 2003, 263

www.judicialis.de 2002

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