Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 01.09.1981; Aktenzeichen 508 C 454/80) |
Tenor
1. Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum kann in erster Linie auf § 564 b Absatz 4 BGB und hilfsweise auf § 564 b Absatz 2 Nr. 1 BGB gestützt werden.
2. Entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzung in § 564 b Absatz 4 BGB, daß sich in dem Gebäude nicht mehr als zwei Wohnungen befinden, ist in der Regel derjenige der Begründung des Mietverhältnisses und nicht der des Ausspruchs der Kündigung.
Tatbestand
A) Mit seinem auf Art. III Absatz (künftig: Abs.) 1 Satz 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1967 in der Fassung des Gesetzes vom 5. Juni 1980 (nachstehend: MAG) gestützten Vorlagebeschluß vom 1. September 1981 (in Zukunft: VB) will das Landgericht die Klärung der im Anschluß wiedergegebenen Rechtsfragen erwirken:
- „Kann die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum in erster Linie auf § 564 b Absatz 4 BGB und hilfsweise auf § 564 b Absatz 2 Nr. 1 BGB gestützt werden?
- Ist entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen von „nicht mehr als zwei Wohnungen” im Sinne des § 564 b Absatz 4 BGB der der Begründung des Mietverhältnisses oder der des Ausspruchs der Kündigung?”
Entscheidungsgründe
B) Die Vorlage ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats (hierzu der Rechtsentscheid vom 17. Dezember 1981, WuM 1981, Seite – nachstehend: S. – 41 ff., in Verbindung insbesondere mit denjenigen vom 27. Juli 1981, ZMR 1981, S. 339 ff., 339–340, und vom 22. April 1981, ZMR 1981, S. 213 ff., 213–214) zulässig.
I. Die vom Landgericht gestellten Rechtsfragen fallen in den Anwendungsbereich des Art. III MAG, wie dies näherer Erläuterung nicht bedarf.
II. Ihnen ist auch grundsätzliche Bedeutung beizumessen, da sie nach Lage der Dinge für eine Vielzahl von Einzelfällen wesentlich werden können.
1. Daß die im VB gestellte Rechtsfrage zu Nr. 1) in der Literatur unterschiedlich beantwortet wird, hat das Landgericht (VB S. 3) mit dem Hinweis auf die Darlegungen bei Emmerich-Sonnenschein, Mietrecht, § 564 b Rdnr. 152 (jetzt 2. Auflage, ebenda) – fortab: ES – sowie Barthelmess, 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Miethöhegesetz, 2. Auflage – in der Folge: Barthelmess – § 564 b BGB Rdnr. 179, einerseits und Schmidt-Futterer-Blank, Wohnraumschutzgesetze, 4. Auflage – hinfort: SFB – B 533, sowie Sternel, Mietrecht, 2. Auflage – im nachstehenden: St – IV 160 andererseits zutreffend ausgeführt.
2. Entsprechendes gilt für die Rechtsfrage zu Nr. 2 VB, welche bisher nur bei St IV 158 sowie in dem noch zu erörternden Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. Mai 1981 (ZMR 1981 S. 371 f., 372) behandelt wird.
III. Ferner ist davon auszugehen, daß die zur Vorlage an den Senat gelangten Rechtsfragen entscheidungserheblich sind.
1. a) Die Beklagte hat mit dem Schreiben (künftig: Sehr.) vom I. April 1980 (Anlage – im folgenden: Anl. – 2) die von ihr ausgesprochene Kündigung des durch den Mietvertrag vom 27. März 1979 (Anl. 1) begründeten Mietverhältnisses ausdrücklich auf § 564 b Abs. 4 BGB gestützt (S. 1 Abs. 2); sie hat indessen (Sehr. Anl. 2, Nrn. 1–11, 13 S. 1–9) im einzelnen alle diejenigen Vorfälle geschildert, aus welchen sie (Sehr. Anl. 2 Nr. 12 S. 2) die Auffassung abgeleitet hat, die Parteien paßten nicht zueinander, und daselbst weiterhin zum Ausdruck gebracht, mit Rücksicht hierauf werde das Mietverhältnis gekündigt. Wenn das Landgericht hieraus die Folgerung gezogen hat (VB S. 3), die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Beklagte sei principaliter auf § 564 b Abs. 4 BGB und eventualiter auf § 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützt, so kann dem nach der Überzeugung des beschließenden Senats aus Rechtsgründen verfahrensrechtlich erheblich nicht entgegengetreten werden. Die Dinge liegen hier nach der Ansicht des Senats ähnlich wie im Anwendungsbereich des § 550 ZPO, soweit es sich um die Nachprüfbarkeit der Auslegung einer Willenserklärung im Revisionsrechtszuge (hierzu Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 40. Auflage – in Zukunft: BLAH – § 550 Anmerkung – fortab: Anm. – 2) handelt; daß das Landgericht bei der von ihm für zutreffend gehaltenen Auslegung der Kündigungserklärung im Sehr. Anl. 2 die dem Tatrichter gezogenen Grenzen überschritten oder insoweit gar eine offensichtlich unhaltbare (hierzu BLAH Anhang nach § 544 Anm. 3) Ansicht vertreten habe, ist um so weniger anzunehmen, als die Beklagte (Schriftsatz – künftig: SchrS – vom 1. Juli 1981) auf den die zur Erörterung stehende Vorlage, wenn auch in etwas anderer Form, ankündigenden Beschluß des Landgerichts vom 4. Juni 1981 ausdrücklich dahin Stellung genommen hat, daß die Kündigungserklärung in diesem Sinne zu verstehen sei, ohne daß die Kläger dem mit tatsächlichem Vorbringen oder mit Rechtsausführungen entgegengetreten wären.
b) Dem steht – in diesem Zusammenhang – auch nicht etwa die Erwägung entgegen, daß für die von den Klägern erhobene Klage das verfahrensrechtlich zu fordernde (BLAH § 256 ...