Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 13.01.1986; Aktenzeichen 20 a T 3/85)

AG Hamburg-Altona (Beschluss vom 29.01.1985; Aktenzeichen 303 II 27/84)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 20, vom 13. Januar 1986 wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:

Unter entsprechender Abänderung des bezeichneten Beschlusses wird der Beschluß des Amtsgerichts Hamburg-Altona, Abteilung 303, vom 29. Januar 1985 im Kostenpunkt dahin geändert, daß die Belastung des Antragsgegners mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller entfällt.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde trägt der Antragsgegner.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf DM 30.000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Die gemäß §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist in der Hauptsache unbegründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht insoweit nicht auf einer Verletzung des Gesetzes.

I. Das Amtsgericht hat in seinem Beschluß vom 29. Januar 1985 dem Antragsgegner bei Meidung von Ordnungsgeld bis DM 500.000,– oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, zum Zweck des Einbaus eines Kamins in seiner in der 24. Etage – dem Endgeschoß – des Hochhauses der Beteiligten gelegenen Wohnung das Dach zu durchbrechen. Es hat ferner dem Antragsgegner aufgegeben, die Geschoßdecke unter dem Dach seiner Wohnung wieder zu schließen; diese war bei Beginn der inzwischen aufgrund einer einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts ruhenden Arbeiten schon durchstoßen worden. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist nach der im angefochtenen Beschluß unter Berücksichtigung der getroffenen tatsächlichen Feststellungen vorgenommenen umfassenden Würdigung nicht zu beanstanden. Diese Würdigung ist in erster Linie Sache des Tatrichters und im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nur noch auf Rechtsfehler zu überprüfen (vgl. OLG Celle NdsRpfl 81, 38); sie hält der Überprüfung stand.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Antragsteller können als Miteigentümer des Hauses der Beteiligten (§ 1 Abs. 2 und 4 WEG) gemäß §§ 1004 Abs. 1, 1011 BGB, 15 Abs. 3 WEG die Beseitigung von bereits eingetretenen Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums und die Unterlassung noch zu besorgender Beeinträchtigungen verlangen (BayObLG Rpfl 75, 310; WEM 84, 30 und 84, 35).

1. Die Durchstoßung des Daches zum Zweck des Einbaus des Kamins bedeutet als bauliche Veränderung einen solchen Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum.

2. Aus den gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG das Verhältnis der Beteiligten untereinander bestimmenden Vorschriften insbesondere des WEG ergibt sich keine Pflicht der Antragsteller zur Duldung der das Dach betreffenden Baumaßnahme des Antragsgegners gemäß § 1004 Abs. 2 BGB.

a) Jeder Wohnungseigentümer ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt, jedoch nur nach Maßgabe von §§ 14, 15 WEG. Ebenso ergibt sich aus § 22 Abs. 1 WEG, daß von einzelnen Wohnungseigentümern vorgenommene bauliche Veränderungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, dann der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedürfen, wenn deren Rechte durch die Veränderung über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. § 14 Nr. 3 WEG verpflichtet die Wohnungseigentümer zur Duldung von Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum nur insoweit, als sie auf einem nach § 14 Nr. 1 WEG zulässigen Gebrauch beruhen, d.h. einem Gebrauch in der Weise, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

b) Das Landgericht hat mit Recht in dem Kaminbau des Antragsgegners eine Überschreitung der durch § 14 Nr. 3, 1 WEG gezogenen Grenze für Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum durch einzelne Wohnungseigentümer gesehen.

Auf eine genaue begriffliche Abgrenzung des erheblichen Nachteils im Sinn der genannten Vorschriften kommt es dabei nicht an. Jedenfalls bedarf es keiner größeren Beeinträchtigung oder Gefährdung; nur ganz geringfügige bzw. ganz unerhebliche Auswirkungen können außer Betracht bleiben (vgl. BGHZ 73, 196/201; BayObLGZ 79, 267/271 und 82, 69/75; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 1986, Rdn 537). Zu berücksichtigen sind Gefahren, die verständige Menschen in ihre Überlegungen einbeziehen (OLG Celle a.a.O.), wie auch mehr oder weniger entfernte Risiken von Brand oder Dachundichtigkeit (vgl. OLG Celle a.a.O.; beiläufig BayObLG MDR 83, 134; Müller a.a.O., Rdn 547; MK Röll, 2. Aufl., § 22 WEG Rdn 15; Röll NJW 84, 106 f., an beiden Stellen zum „Durchbohrungsproblem” bei Amateurfunkantennen).

Auf das Vorliegen einer Baugenehmigung kommt es dabei nicht an (OLG Celle a.a.O.; BayObLG ZMR 85, 239 f.). Die Gefahren ...

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