Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnanlage
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 23.02.1987) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 20, vom 23. Februar 1987 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1. und 2. haben den Beteiligten zu 3. und 4. die ihnen durch das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf DM 75.000,– festgesetzt.
Tatbestand
I. In der Teilungserklärung vom 22. September 1982 ist bestimmt:
„§ 12
Mehrheit von Wohnungseigentümern,
abwesende oder unbekannte Wohnungseigentümer
(1) Steht ein Wohnungseigentum mehreren Personen zu, so sind diese verpflichtet, unverzüglich einen mit einer notariell beglaubigten Vollmacht versehenen Bevollmächtigten zu bestellen und dem Verwalter namhaft zu machen.
Satz 1 gilt nicht für Ehegatten, die gemeinsam Wohnungseigentümer sind; sie gelten als gegenseitig bevollmächtigt …
(4) Der Wohnungseigentümer ist verpflichtet, einen Bevollmächtigten mit dem Wohnsitz im Inland zu bestellen, wenn ….
§ 18
Eigentümerversammlung
…
(4) Die Eigentümerversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Eigentümer beschlußfähig. Ein Wohnungseigentümer kann sich nur durch seinen Ehegatten, den Verwalter oder einen anderen Wohnungseigentümer, und wenn ein Bevollmächtigter nach § 7 bestellt ist, nur durch diesen vertreten lassen.
Für das Stimmrecht gilt: je Wohnungs- bzw. Sondereigentum eine Stimme.
(5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt der Verwalter gem. § 24 Abs. 4 WEG. Zu Beginn der Wohnungseigentümerversammlung ist vom Verwalter die ordnungsmäßige Einberufung und die Beschlußfähigkeit festzustellen ….”
In der Versammlung der Wohnungseigentümer vom 03. März 1987, zu der unter Hinweis auf § 18 Abs. 4 Satz 1 der Teilungserklärung eingeladen worden war, wurde zu 6. einstimmig beschlossen, daß der Verwaltervertrag um weitere 3 Jahre zu verlängern sei. In dieser Versammlung waren 4.091/10.000 der Miteigentumsanteile vertreten.
Die Beteiligten zu 1. u. 2. haben am 03. April 1987 u. a. den Antrag beim Amtsgericht eingereicht, die Beschlußfassung über die Vertragsverlängerung der Beteiligten zu 4. für ungültig zu erklären. Sie meinen, daß die Versammlung der Wohnungseigentümer am 03. März 1987 nicht beschlußfähig gewesen sei. Ihr Antrag ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben; eine – nicht öffentliche – mündliche Verhandlung hat nur vor dem Amtsgericht stattgefunden.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 27 Satz 2 FGG, 550 ZPO.
1. Ob durch das Verfahren des Landgerichts Artikel 6 Abs. 1 Satz 1, 2 MRK verletzt worden ist, kann offen bleiben. Wenn es in diesem Verfahren um zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen geht, war das Landgericht nach jenen Bestimmungen gehalten, in voller Besetzung und öffentlicher Sitzung mündlich zu verhandeln und seine Entscheidung zu verkünden (vgl. BayObLG WEM 88, 138; OLG Hamm OLGZ 88, 185). Da mit der Anwendung von Artikel 6 Abs. 1 MRK im Verfahren nach dem WEG für die beteiligten Gerichte eine neue verfahrensrechtliche Situation entstanden ist, verzichtet der Senat jedenfalls auf verfahrensrechtliche Konsequenzen aus der Verfahrensweise des Landgerichts in diesem Fall. Wie das BayObLG und das OLG Hamm a.a.O. sieht der Senat sich derzeit jedenfalls noch gehindert, den möglichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verletzung von Artikel 6 Abs. 1 MRK und dem sachlichen Inhalt der Entscheidung zu prüfen. Das Landgericht hat sich aber auf die neue Rechtslage einzustellen, soll es nicht künftig im Rechtsbeschwerdeverfahren zu aufhebenden Entscheidungen wegen Verletzung von Artikel 6 Abs. 1 MRK kommen.
2. In materiellrechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden.
a. Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist zu beachten, daß sie, wie angenommen werden kann, auch in den umstrittenen Bestimmungen durch zulässige Bezugnahme im Eintragungsvermerk Inhalt des Grundbuchs geworden ist. Deshalb ist sie nach den für Grundbucheintragungen maßgeblichen Grundsätzen auszulegen. Entscheidend ist, was sich für einen unbefangenen Betrachter nach Wortlaut und Sinn als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Bei dieser Auslegung unterliegt auch der Senat keine Einschränkungen, weil der Inhalt des Grundbuchs im Rechtsbeschwerdeverfahren selbständig auszulegen und das Gericht nicht auf eine Rechtskontrolle gegenüber den Tatsacheninstanzen beschränkt ist (vgl. zum Vorstehenden BayObLG NJW RR 86, 762).
b. Nach diesem Verständnis bedeutet § 18 Abs. 4 Satz 1 der Teilungserklärung, daß die Beschlußfähigkeit nicht nur nicht von der Zahl der erschienenen Eigentümer, sondern auch von dem Umfang der in der Versammlung der Wohnungseigentümer vertretenen Anteile unabhängig sein soll. D...