Leitsatz (amtlich)
Die im Bestellungsbeschluss gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ausgesprochene Begrenzung der Verteidigerbestellung "für die Dauer der Untersuchungshaft" hat als auflösende Bedingung oder als Befristung keinen Bestand.
Eine gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgte Verteidigerbestellung bedarf zur Beendigung eines gerichtlichen Aufhebungsbeschlusses.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 16.12.2014) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 5, vom 16. Dezember 2014 wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe
I.
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Angeklagte gegen den seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung über seine Berufung gegen eine amtsgerichtliche Verurteilung verwerfenden Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2014. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
Nach am 29. August 2014 wegen Verdachts eines so genannten Ladendiebstahls erfolgter Festnahme des Angeklagten erließ das Amtsgericht Hamburg am 30. August 2013 gegen den Angeklagten einen auf den dringenden Tatverdacht eines am 29. August 2014 begangenen Diebstahls und den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl, der dem Angeklagten sogleich verkündet wurde. Gegenüber dem Haftrichter erklärte der Angeklagte, dass er die Auswahl eines Pflichtverteidigers in das Ermessen des Gerichts stelle. Am 5. September 2014 fasste das Amtsgericht Hamburg folgenden Beschluss: "Dem Beschuldigten wird für die Dauer der Untersuchungshaft Frau Rechtsanwältin R. .....20357 Hamburg .....als notwendige Verteidigerin bestellt. Gründe Gegen den Beschuldigten wird Untersuchungshaft nach §§ 112, 112a StPO vollstreckt, § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO".
In der Folgezeit befand der Verurteilte sich bis zum 8. September 2014 in Untersuchungshaft. Anschließend verbüßte er in der Justizvollzugsanstalt Billwerder die Reste mehrerer Ersatzfreiheitsstrafen. Am 31. Oktober 2014 wurde er aus der Haft entlassen.
Am 23. September 2014 wurde vor dem Amtsgericht Hamburg-St. Georg die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten durchgeführt, in welcher der Angeklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ohne Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung, verurteilt wurde. Im Anschluss an die Urteilsverkündung wurde der Haftbefehl vom 30. August 2014 aufgehoben und der Angeklagte in die Strafhaft in anderer Sache zurückgeführt. In dem amtsgerichtlichen Hauptverhandlungsprotokoll ist Rechtsanwältin R. mit der Bezeichnung "Pflichtverteidigerin R." als erschienen aufgeführt.
Am 26. September 2014 legte Rechtsanwältin R. gegen das amtsgerichtliche Urteil für den Angeklagten "Berufung" ein. Das Urteil wurde gemäß richterlicher Zustellungsanordnung am 7. Oktober 2014 an Rechtsanwältin R. zugestellt. Unter dem 28. Oktober 2014 beraumte das Landgericht Hamburg die Berufungshauptverhandlung für den 2. Dezember 2014, 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr an. In der Terminsverfügung heißt es weiter: "Termin ist mit Rain R. abgesprochen. Es soll nur um die Strafe gehen". Zur Berufungshauptverhandlung wurde gemäß richterlicher Zustellungsverfügung unter anderem Rechtsanwältin R. "mit EB" geladen. Der Angeklagte wurde gemäß Zustellungsurkunde am 13. November 2014 geladen.
Zur am 2. Dezember 2014 durchgeführten Berufungshauptverhandlung erschien der Angeklagte nicht, woraufhin das Landgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft seine Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens verwarf. Das landgerichtliche Verwerfungsurteil wurde gemäß der richterlichen Anordnung, "Verteidigerin R. mit EB und Hinweis, dass Angeklagter formlos eine Ausfertigung erhält", Rechtsanwältin R. am 9. Dezember 2014 zugestellt.
Bereits mit am 5. Dezember 2014 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat Rechtsanwältin R., die in der Berufungshauptverhandlung zugegen gewesen war, ohne indes eine Stellungnahme oder eine sonstige Erklärung abgegeben zu haben, beantragt dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungshauptverhandlung zu gewähren. Zugleich hat sie für den Fall der Verwerfung des Wiedereinsetzungsgesuchs Revision gegen das landgerichtliche Verwerfungsurteil eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ohne insoweit zwischen Wiedereinsetzungsgesuch und Revision zu differenzieren : "Mein Mandant konnte zur Berufungshauptverhandlung am 02.12.2014 aufgrund einer akuten Drogenintoxikation nicht erscheinen. Er wurde noch am selben Tag in der Asklepios Klinik Nord als Notfall aufgenommen und befindet sich seitdem dort in stationärer Behandlung. Mein Mandanten hat den Termin aus diesem Grund unverschuldet versäumt. Zur Glaubhaftmachung füge ich anliegende Bescheinigung der Asklepios Klinik Nord über die Aufnahme meines Mandanten am 02.12.2014 vom heutigen Tag bei". In der beigefügten Bescheinigung der Klinik Nord vom 4. Dezember 2014 heißt es maschinenschriftlich: "Herr G. befindet sich seit 02.12.2014 in statio...