Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 310 O 123/21) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 21.05.2021, Az. 310 O 123/21, abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, untersagt, den nachstehend eingeblendeten Rasierapparat im Gebiet der Europäischen Union zu vertreiben, zu bewerben oder sonst in den Verkehr zu bringen:
((Abbildungen))
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 50.000,- festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen den Vertrieb des antragsgegenständlichen Rasierapparates auf dem Gebiet der Europäischen Union gestützt auf die Verletzung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters.
Die Konzernmutter der Antragstellerin, die K. P. N.V., ist Inhaberin des Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. ..., welches das Design des ringförmigen oberen Abschlusses des Handgriffs des P. "..." Rasierapparats schützt. Dieses Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist mit Priorität vom 27.02.2018 für "Rasierapparate (Teil von -)" in der L.-Klasse ... eingetragen und im Register wie folgt wiedergegeben (Anlage Ast 4, nachfolgend "Verfügungsmuster" genannt):
((Abbildungen))
Das Verfügungsmuster enthält gestrichelte Linien aller Teile des Rasierapparats und eine runde Platte bzw. einen runden (Abschluss-)Ring, der die Oberseite des (Hand-)Griffs abschließt.
Die Antragsgegnerin, ein chinesisches Unternehmen, vertrieb im April 2021 über Amazon.de einen Rasierapparat in der antragsgegenständlichen Ausführung ("S. ...", nachfolgend "Verletzungsmuster" genannt) auch in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin initiierten einen Testkauf, der zu einer Produktauslieferung am 06.04.2021 führte. Eine Abmahnung der Antragstellerin vom 11.05.2021 blieb ohne Erfolg.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, das Verfügungsmuster, deren Schutzgegenstand allein der Abschlussring am oberen Ende des (Hand-)Griffs eines Elektrorasierers sei, zeichne sich durch folgende Merkmale aus: Es handele sich um einen im Wesentlichen runden, ringförmigen Abschluss des oberen Endes des Handgriffs eines elektrischen Rasierers mit einer runden Ausnehmung in der Mitte, die dem Aufsetzen der Klinge diene. Der Ring sei leicht konisch und verjünge sich von unten, d.h. vom unteren Ende des Rasierers, nach oben. In der Seitenansicht sei der Ring trapezförmig ausgestaltet. Der Ring weise auf seiner Oberseite ein spezifisches Muster aus sich kreuzenden Rillen auf. Hingegen sei die Ausrichtung des Rings auf der Oberseite des Griffs, nämlich der Winkel von etwa 30 Grad zwischen Griff und Ring, kein Merkmal des Verfügungsmusters. Insoweit weise die Abbildung gestrichelte Linien auf, so dass jede Ausrichtung abgedeckt werde.
Sie, die Antragstellerin, bzw. ihre Muttergesellschaft hätten erstmals Ende März 2021 Kenntnis von dem Angebot des Verletzungsmusters auf dem Gebiet der Europäischen Union erlangt.
Mit am 14.05.2021 eingegangener Antragsschrift hat die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf Unterlassung aus dem gegenständlichen eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster in Anspruch genommen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
der Antragsgegnerin es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu untersagen,
die nachstehend eingeblendeten Rasierapparate im Gebiet der EU zu vertreiben, zu bewerben oder sonst in den Verkehr zu bringen:
((Abbildungen))
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.05.2021 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat gemeint, das antragsgegenständliche Verletzungsmuster falle nicht in den Schutzbereich des Verfügungsmusters, so dass kein Verfügungsanspruch bestehe. Der Abschlussring der angegriffenen Gestaltung erwecke einen anderen Gesamteindruck als das Verfügungsmuster. Zudem sei die erforderliche Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht worden.
Gegen den ihr am 26.05.2021 zugestellten Zurückweisungsbeschluss hat die Antragstellerin am 09.06.2021 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vollumfänglich weiterverfolgt.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht einen engen Schutzbereich des Verfügungsmusters angenommen. Aus dem vorgetragenen und glaubhaft gemachten Formenschatz ergäben sich ausschließlich glatte Abschlussringe. Aus Sicht des maßgeblichen informierten Benutzers seien die Unterschiede zwischen dem Verfügungsmuster und der Verletzungsform mit bloßem Auge und ohne nähere Detailuntersuchung nicht zu erkennen.
Die Antragstellerin mei...