Leitsatz (amtlich)

1. Die Bezeichnung eines Nahrungsergänzungsmittels als "Fatburner" weist nicht i.S der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.10.2014 (GRUR 2014, 1224, Rn. 13 - ENERGY & VODKA) lediglich auf eine Eigenschaft des Lebensmittels hin, die alle Lebensmittel der angesprochenen Gattung besitzen. Sie ist auch keine traditionelle Bezeichnung im Sinne des Erwägungsgrundes 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO), sondern eine gesundheitsbezogene Angabe i.S. von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO und verstößt mangels einer Zulassung der Angabe gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO.

2. Der Verkehr versteht die Angabe "Fatburner" für ein Nahrungsergänzungsmittel dahin, dass bei Einnahme des Produkts eine erhöhte Fettverbrennung durch Beschleunigung des Fett- und Energiestoffwechsels erzielt werden kann, wodurch ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen der Einnahme des Lebensmittels und einer Funktion des menschlichen Organismus, nämlich des (Fett)Stoffwechsels, hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 HCVO überprüft werden kann.

3. Da es sich bei der Angabe "Fatburner" für ein Nahrungsergänzungsmittel nicht um einen Verweis auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Nährstoffes oder des Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen nach Art. 10 Abs. 3 HCVO handelt, kommt es nicht darauf an, ob die Anwendung von Art. 10 Abs. 3 HCVO für sogenannte "Botanicals" voraussetzt, dass die Listen nach Art. 13 und 14 dieser Verordnung erstellt sind (offen gelassen von BGH, GRUR 2019, 1299, Rn. 18 f. - Gelenknahrung III).

4. Im Bereich gesundheitsbezogener Angaben für sogenannte "Botanicals" ist jedenfalls Voraussetzung für die nach Art. 28 Abs. 5 oder Abs. 6 HCVO zulässige Nutzung von Angaben, deren Bewertung noch nicht abgeschlossen ist, dass die entsprechenden Claims bereits beantragt worden sind.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 3a, 8 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 2 Abs. 2 Nr. 5, Art. 10 Abs. 1, 3, Art. 12 a), Art. 13-14, 28 Abs. 5-6

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 205/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25.10.2018, Aktenzeichen 312 O 205/17, wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil und der vorliegende Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers aus Ziffer I. des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 25.10.2018 durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 30.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus den Urteilen jeweils insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird auf EUR 27.500,00 festgesetzt.

 

Gründe

Die Zurückweisung der Berufung erfolgt gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss.

I. Hinsichtlich des Sachverhalts und der gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 22. Dezember 2020 Bezug genommen. Das Rechtsmittel der Beklagten hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Unterlassung der sich aus den Klageanträgen zu I. 1.1 bis 1.11 ergebenden Handlungen verurteilt.

Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 22. Dezember 2020 verwiesen. Die Schriftsätze der Beklagten vom 29. Januar und 20. April 2021 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung.

1. Die Beklagte wendet ein, dass es sich bei der Bezeichnung "Fatburner" nicht um eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO handele, sondern um eine verpflichtende Information des Lebensmittelkennzeichnungsrechts, so dass gemäß Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Abs. 2 Nummer 1 HCVO die Vorschriften der HCVO über gesundheitsbezogene Angaben bereits nicht anwendbar seien. Der Begriff kennzeichne eine bestimmte Kategorie von Nahrungsergänzungsmitteln i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NemV, nämlich solche, die Zutaten enthielten, welche auf den Fettstoffwechsel Einfluss nähmen.

Dieser Einwand bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NemV sind die Namen der Kategorien von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen, die für das Erzeugnis kennzeichnend sind, oder eine Angabe zur Charakterisierung dieser Nährstoffe oder sonstigen Stoffe auf der Verpackung anzugeben.

Das Wort Kategorie bezeichnet eine Gruppe von Stoffen mit ähnlicher Beschaffenheit oder Zweckbestimmung, z.B. Vitamine, Mineral- oder Eiweißstoffe. (Zipfel/Rathke LebensmittelR/Rathke, 178. EL November 2020, NemV § 4, Rn. 6). Eine Angabe zur Charakteris...

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