Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 613 StVK 698/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Verurteilten vom 5.2.2002 gegen den Sicherungshaftbefehl des LG Hamburg vom 5.2.2002 (Az.: 613 StVK 698/01) wird verworfen.
Der Verurteilte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe
I. Das LG Hamburg, Große Strafkammer 13 als Strafvollstreckungskammer, hatte gegen den Verurteilten am 5.2.2002 Sicherungshaftbefehl gem. § 453c StPO erlassen.
Der am selben Tag verhaftete Verurteilte hat beim Haftrichter des gem. § 115a Abs. 1 StPO tätig gewordenen AG Wismar beantragt, dem zuständigen Richter vorgeführt zu werden, und gleichzeitig gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt.
Die Strafvollstreckungskammer hat mit Verfügung vom 7.2.2002 ohne Anhörung des Verurteilten der Haftbeschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat Zurückweisung der für zulässig, aber unbegründet gehaltenen Beschwerde beantragt.
II. Die grundsätzlich gem. § 304 Abs. 1 StPO gegen den Sicherungshaftbefehl nach § 453c StPO gegebene Beschwerde ist vorliegend unzulässig.
1. Die Unzulässigkeit der Haftbeschwerde ergibt sich aus dem Vorrang des Verfahrens nach §§ 115a Abs. 3 S. 1, 115 StPO vor dem Beschwerdeverfahren nach § 304 StPO, der für die Untersuchungshaft aus § 117 Abs. 2 StPO folgt (dazu lit. a)) und hieraus auch für die Sicherungshaft herleitbar ist (dazu lit. b)).
a) Gemäß § 117 Abs. 2 S. 1 StPO ist die Beschwerde neben dem Antrag auf Haftprüfung unzulässig. Haftprüfung in diesem Sinne ist zunächst die in § 117 Abs. 1 StPO legaldefinierte gerichtliche Überprüfung, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug auszusetzen ist.
Inhaltlich erfolgt eine solche Prüfung auch, wenn der aufgrund bestehenden Haftbefehls ergriffene Beschuldigte gem. § 115 StPO dem – i.S.d. § 126 Abs. 1 und 2 StPO – zuständigen Richter vorgeführt und durch diesen vernommen wird, woraufhin der Richter den Haftbefehl vollen Umfanges zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben bzw. seinen Vollzug auszusetzen hat (vgl. Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 115 Rz. 20; Paeffgen in SK-StPO, § 115 Rz. 11). Der Gang der Entscheidungsfindung und der Entscheidungsgegenstand stimmen mit dem einer Haftprüfung i.S.d. § 117 StPO überein. Die Vorführung vor den zuständigen Richter ist der Sache nach eine Haftprüfung (vgl. Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 115 Rz. 20).
Demzufolge ist neben dem beim nächsten Richter i.S.d. § 115a StPO gestellten Antrag des Beschuldigten, gem. § 115a Abs. 3 S. 1 StPO dem nächsten Richter vorgeführt zu werden, die Haftbeschwerde wegen des durch § 117 Abs. 2 S. 1 StPO bestimmten Rangverhältnisses unzulässig (ebenso OLG Suttgart v. v. 3.8.1989 – 3 Ws 178/89, MDR 1990, 75; Boujong in KK-StPO, 4. Aufl., § 115a Rz. 5).
b) Für den Sicherungshaftbefehl bestimmt § 453c Abs. 2 S. 2 StPO die entsprechende Anwendung der §§ 115, 115a StPO, nicht jedoch des § 117 StPO. Trotz der damit fehlenden Verweisung auf § 117 Abs. 2 S. 1 StPO tritt auch im Sicherungshaftverfahren die Haftbeschwerde hinter einem gestellten Antrag auf Vorführung vor den zuständigen Richter zurück.
Mit der in § 453c Abs. 2 S. 2 StPO ausgesprochenen ausdrücklichen Verweisung auf u.a. die §§ 115a Abs. 3 S. 1, 115 StPO steht zunächst fest, dass auch die Vorführung eines Verurteilten vor den – hier i.S.d. § 462a StPO – zuständigen Richter der Sache nach eine Haftprüfung beinhaltet. Der Gang der Entscheidungsfindung ist identisch; auch hier wird dem Verhafteten die Möglichkeit eröffnet, mündlich die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen und die für einen Widerruf der Strafaussetzung sprechenden Gründe sowie die Haftgründe zu entkräften und dabei den persönlichen Eindruck auf den Richter wirken zu lassen (vgl. hierzu allgemein Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 115a Rz. 16; Boujong in KK-StPO, 4. Aufl., § 115a Rz. 5; Paeffgen in SK-StPO, § 115a Rz. 7). Das Entscheidungsprogramm gleicht ebenfalls demjenigen im Falle der Untersuchungshaft; die – wegen der fehlenden Verweisung des § 453c Abs. 2 S. 2 StPO auf § 116 StPO – fehlende Möglichkeit, den Vollzug des Sicherungshaftbefehls auszusetzen, ist für das Wesen der Prüfung nicht prägend.
Auch wenn auf diese – der Sache nach – Haftprüfung die Verfahrensvorschrift des § 117 Abs. 2 StPO nicht unmittelbar anwendbar ist, gebieten ihre Geltungsgründe den Vorrang der Vorführung vor den zuständigen Richter gegenüber der Beschwerde:
Die Entscheidungsfindung aufgrund mündlicher Verhandlung ist wegen des in ihr vermittelten persönlichen Eindrucks, der Möglichkeiten zur Interaktion von Frage und Antwort sowie der Gelegenheit zur verbalen Artikulation auch für schriftungewandte Betroffene grundsätzlich der Entscheidung nach Aktenlage überlegen. Wegen des Gewichtes der grundrechtlich geschützten Freiheit (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) sehen deshalb §§ 115 Abs. 2, 118 Abs. 1 StPO mündliche Verhandlungen vor; aus vergleichbaren Wertungen heraus bestimmen u.a. §§ 453 Abs. 1 S. 3, 454 Abs. 1 S. 3 StPO für ...